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Sozial-berufliche Differenzierung des deutschen Wortschatzes

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1. Fach- und Berufswortschatz: Termini (technische und wissenschaftliche), Professionalismen, professionelle Jargonismen.

2. Gruppenwortschätze: Jäger- (Weidmanns-), Soldaten-, Studenten-, Schülersprache.

3. Jargon: Argot (Rotwelsch)

Die Sprache ist ein soziales Phänomen, ein Mittel für die gesellschaftliche Kommunikation. Jede Gesellschaft lässt sich in verschiedene Gruppen einteilen – nach der beruflichen Tätigkeit, nach gemeinsamen Interessen, nach dem Alter. Diese Gruppen weisen im Kommunikationsprozess gemeinsame Interessen. Auf solche Weise entstehen Gruppenwortschätze (Gruppenlexikone). Die Gruppenlexikone umfassen das Gemeinsame der Ideolexikone. Das Ideolexikon ist der Teil des gesamten Wortschatzes, der von einem Individuum gebraucht wird. Ein Individuum gebraucht gewöhnlich von 5000 bis 10 000 Wörter aktiven Wortschatzes.

Zur Berufslexik gehören Wörter und Wortverbindungen, die im Prozess der gemeinsamen Tätigkeit der Menschen entstanden sind. Im Gegenteil zu dem allgemeinen Wortschatz ist diese Lexik in ihrem Gebrauch beschränkt. Das sind die Benennungen der Arbeitsprozesse, Werkzeuge, Werkstoffe, Erzeugnisse. Diese Lexik dient der sachlichen Kommunikation unter Fachleuten in verschiedenen Bereichen der Wissenschaft, Technik, Kultur. Die Fachwörter sind keine Dubletten der der entsprechenden allgemeinsprachlichen Ausdrücke, sie vertiefen und erweitern den gemeinsamen Wortschatz. Die Berufslexik ist nicht allgemein gebräuchlich, sie gehört einem besonderen Bereich des lexikalischen Systems.

Der Fachwortschatz wird in Termini, Professionalismen und professionelle Jargonismen geteilt.

Termini (Fachwörter). Die Terminologie ist der Wortschatz, der in bestimmten Kommunikationssphären gebraucht wird (Medizin, Linguistik, Metallurgie usw.). Das moderne terminologische System zählt heute über eine Million Einheiten (Wörter).Im Laufe von 20 Jahren (1935-1955) verdoppelte sich die Zahl der Termini von 25 000 bis 50 000 Einheiten. Die Terminologien, die im 20. Jh. entstanden, bestehen völlig aus semantischen Neologismen. Chemie, Elektrotechnik, Kernphysik, Kosmonautik, Computertechnik sind Bereiche der besonderen Konzentration der Termini.

Das linguistische System wird von zwei Seiten betrachtet: als funktional-stilistische System und als lexikalogische System. Im lexikologischen Aspekt wird die Terminologie als rasch entwickelte lexische Schicht betrachtet, deren Semantik spezifisch ist. Der Terminus ist ein Wort oder Wortverbindung, die zur Bezeichnung eines Begriffes auf dem Gebiet der Wissenschaft und Technik dienen. Der Terminus muss diesen Begriff eindeutig und knapp bezeichnen: das Cello, das Klavier, der Regler.

Es gibt auch mehrdeutige Termini: Operation –med., finanz., militär.

Die Termini werden in wissenschaftliche und technische eingeteilt. Im modernen Deutsch lässt sich die Tendenz beobachten, Erscheinungen der Wissenschaft mit fremdsprachigen Termini zu bezeichnen und die Erscheinungen der Technik mit deutschen Termini zu bezeichnen.

Wissenschaftliche Termini: Idiom, Reduplikation, Quant

Technische Termini: Regler, Getriebe (коробка передач), Versager (карбюратор), Tor (гол), Hochofen (доменная печь).

Die Termini behalten viele Internationalismen: Mthematik, Bibliothek, Kosmos, Voltmeter, Linguistik. Viele Termini entstehen infolge der methonymischen Übertragung vom Namen des Erfinders auf das Gerät oder die Erscheinung: das Röntgen, das Ohm, das Amper.

Die Termini sind stilistisch neutral. Ein Terminus erfüllt zwei Funktionen: nominative und definitive. Das unterscheidet ihn von einem Wort. Ideal darf ein Terminus nur einen Begriff ausdrücken. Darum entstehen Schlangewörter (Wortungeheuer) und Kurzwörter, die den Begriff genau bezeichnen: die Datenverarbeitungsmaschine (счетно-вычислительная машина), www (Anfangsphrase im Internet world wide web).

Für die Wortbildung der Termini sind typisch: Zusammensetzungen, Ableitungen, Übergang in eine andere Wortart, Abkürzung.

Wortbildungskonstruktionen sind bei der Bildung der Termini spezifisch, sie sind wenig in der gemein Sprache genutzt:

Verb + Verb: pressschweifen, trennschleifen;

Nomen + Verb: kaltpressen;

Konversation: Verb – Nomen: Spühlbohren;

Substantivierung: Argumentieren, Rezensieren;

Ableitungen mit Fremdaffixen: anti-, neo-, hyper-, -ad, -id.

In der Terminologie gibt es immer viele Entlehnungen. Die Termini können motiviert und unmotiviert sein. Motiviert sind vor allem Termini der politischen Ökonomie, die gemeinsame Bedeutungen mit der allgemeinen Sprache besitzen: Arbeit, Wert, Widerspruch.

Neben der Terminologie gibt es auch so genannte „gewöhnliche Fachwörter oderhalbwissenschaftliche Termini: Geographie – Wasser, See, Wetter. Dieser Bereich stellt die Peripherie der Terminologie dar. Die Terminologie bildet ein abgesondertes System, aber sie bewirkt ständig die Gemeinsprache und umgekehrt.

Professionalismen ist der Wortschatz, der als Resultat der Kommunikation der Menschen während der Zusammenarbeit entstand. Dabei werden besondere Wortschätze gebraucht, die ihren Beruf, ihre Produktionstätigkeit wiedergeben. Die Professionalismen treten in der Formverschiedener Synonyme (meistenteils Metaphern) zu einem Terminus auf: in der Technik Arm, Zahn, Fuß, Ohr, Hase, Haube. Die Vielfalt der Professionalismen hängt vom Anteil einer Fachsprache an der Praxis ab. Die Professionalismen beeinflussen die Gemeinsprache stark, sie dringen in alltägliche bereiche ein: Analyse, Basis, Charakter, Faktor, Kollektiv. Die Entwicklung der Produktionsprozesse benötigt neue Benennungen, neue Wörter. Der Bedarf an dieser Lexik wird durch „Spezialisierung“ der allgemeingebräuchlichen Wörter bedeckt: Strom = Elektrizität, Wechselstrom, Stromnetz, Gleichstrom. Die Tendenz zur Spezialisierung zeigt sich im Bereich der Substantive, bei Komposita. Sie machen den Begriff eindeutig, genau. Hier wirkt das Gesetz der Sprachökonomie: Weltstoffmärkte, Kleinhandelspreis. Als Bestimmungswörter werden Welt, groß, klein, super gebraucht.

Andererseits geschieht Generalisierung der Bedeutung zum Unterschied von der Spezialisierung: Handgepäckaufbewahrung, Handkoffer, Handkarren.

Einer der ältesten Berufswortschätze ist der Wortschatz der Bergleute. Er entstand im 13. Jh. und zählt heute 7 000 Fachausdrücke und Wendungen:Bergbau, Bergwerk, Schacht (ein vertikaler Gang), Hauptschacht, Luftschacht, Stollen (ein horizontaler Gang), hauptstollen, Nebenstollen, Erdstollen.

Der Berufsjargon ist eine Gruppe der Lexik emotionaler Art, die im Rahmen der Berufstätigkeit gebraucht wird. Das sind synonymische Benennungen zu den Fachwörtern und halbwissenschaftlichen Termini.

Die Wortbildungsprozesse:

1. Übertragung der Bedeutung der Fachlexik oder der allgemeinsprachlichen Lexik:

Bergmann – Bergknappe, heute: Hauer, Steiger, Fahrhauer, Maschinenhauer;

Das Tor (im Sport) – Kasten, Kiste, Arche, Heiligtum, Laden.

2. Ausspracheeigentümlichkeiten, gewisse Eigenheiten grammatisch-syntaktischer Art.

Das Motiv der expressiven Bedeutung der Jargonismen sind Eigenschaften des Gegenstandes (Denotatums): der Ball - Leder oder Murmel (= Kugel)

Im Radsport sind viele Benennungen für das Fahrrad: Maschine, Stahlross; abwertend- Drahtesel, Drahtkamode, Trettmühle u. a.

2.Gruppenwortschätze

Gruppenwortschätze sind Sonderwortschätze (früher: Standessprachen) verschiedener sozialer Gruppen mit gemeinsamen Lebensbedingungen, Interessen, Hobbys.Tradizionell zählt man zu diesen Gruppen Jägersprache (Weidmannssprache), Studentensprache, Schülersprache, Soldatensprache, Gaunersprache (Argot), heute auch Dichter-, Männer-, Frauensprache. Soziale Lexik ist im Gebrauch beschränkt und ist ausschließlich für den mündlichen Verkehr typisch. In der Schriftsprache wird diese Lexik inder Fachliteratur oder zu stilistischen Zwecken benutzt. Zum Unterschied zu den Professionalismen sind die Wortschätze expressive oder euphemistische Synonyme zu den Wörtern der Gemeinsprache. Das ist vor allem metaphorische Übertragung der gemeinsprachlichen Lexik.

Jägersprache. Beine und Füße des Tieres werden Läufer, Tatzen, Pranken genannt, die Ohren – Löffel, Lauschen, Schüsseln.

Soldatensprache entstehetauch infolge der metonymischen und metaphorischen Übertragung. Es gibt zwei Hauptbereiche dieses Wortschatzes:

1. Dubletten zur terminologischen Kriegstechnik mit starker emotionaler Färbung.

2. Wertende/abwertende Bezeichnungen der Umwelt, vor allem für Verpflegung und Obrigkeit (Leitung):

Aus dem zweiten Weltkrieg – Spatz (ein kleines Stück Suppenfleisch), Wasser mit Wasser (dünne Suppe), Chinesenschweiß (dünner Tee), Negerschweiß (dünner Kaffee)

Studentensprache gehört zu den ältesten Gruppensprachen. Sie blühte im 17.-18. Jh. auf. Ihre Entwicklung war mit studieren Korporationen verbunden. In der Lexik gab es viele Wörter aus dem Griechischen, Lateinischen, Französischen. Besonders beliebt waren scherzhaft Bildungen aus deutschen Stämmen mit fremden Suffixen: Schwachmatikus (Schwächling), Politikus (Schlaukopf), Pfiffikus. Studenten der ersten Semenster wurden genannt: Pennalputzer, Fuchs, Mutterkalb.

Die Entstehung der Studentensprache wird vor allem aus Bedürfnis nach Expressivität, Absonderung von den anderen (Erwachsenen) erklärt. Das ist ein Versuch Alltägliche und Langweilige zu überwinden. Die Bereiche der Jugendjargonismen sind: Studium, Lektoren, Äußere, Hobbys, Mode, Kleidung, Musik, technische Geräte. Die Hauptquelle ist die gemeinspachliche Lexik, Dialekte, Jargons, Fremdsprachen. Das sind metaphorische Übertragungen: Kanne (Saxophon), Badewanne (Kontrabass). Eine große Rolle spielt die Ausdruckskraft. Populär werden fit, prima, kolossal, phantastisch, knorke, Klasse.

In den 80-er Jahren waren populär: Hobby, Hitmusik, Hitparade, Freienjob, Jobsucher, Hobbyst, jobben; Abkürzungen: Stip, Audimax (Auditorium maximum), Uni.

Das Jugenddeutsch ist wandelbar: es kommen immer neue Ausdrücke, die völlig überraschend wirken

Unter den Jugendlichen spricht man Jugenddeutsch, Jugendjargon, Jugendslang: Teenagerdeutsch (14-19), Twendeutsch (20-30)

 

 


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