ÀâòîÀâòîìàòèçàöèÿÀðõèòåêòóðàÀñòðîíîìèÿÀóäèòÁèîëîãèÿÁóõãàëòåðèÿÂîåííîå äåëîÃåíåòèêàÃåîãðàôèÿÃåîëîãèÿÃîñóäàðñòâîÄîìÄðóãîåÆóðíàëèñòèêà è ÑÌÈÈçîáðåòàòåëüñòâîÈíîñòðàííûå ÿçûêèÈíôîðìàòèêàÈñêóññòâîÈñòîðèÿÊîìïüþòåðûÊóëèíàðèÿÊóëüòóðàËåêñèêîëîãèÿËèòåðàòóðàËîãèêàÌàðêåòèíãÌàòåìàòèêàÌàøèíîñòðîåíèåÌåäèöèíàÌåíåäæìåíòÌåòàëëû è ÑâàðêàÌåõàíèêàÌóçûêàÍàñåëåíèåÎáðàçîâàíèåÎõðàíà áåçîïàñíîñòè æèçíèÎõðàíà ÒðóäàÏåäàãîãèêàÏîëèòèêàÏðàâîÏðèáîðîñòðîåíèåÏðîãðàììèðîâàíèåÏðîèçâîäñòâîÏðîìûøëåííîñòüÏñèõîëîãèÿÐàäèîÐåãèëèÿÑâÿçüÑîöèîëîãèÿÑïîðòÑòàíäàðòèçàöèÿÑòðîèòåëüñòâîÒåõíîëîãèèÒîðãîâëÿÒóðèçìÔèçèêàÔèçèîëîãèÿÔèëîñîôèÿÔèíàíñûÕèìèÿÕîçÿéñòâîÖåííîîáðàçîâàíèå×åð÷åíèåÝêîëîãèÿÝêîíîìåòðèêàÝêîíîìèêàÝëåêòðîíèêàÞðèñïóíäåíêöèÿ

Die semantische Klassifikation

×èòàéòå òàêæå:
  1. Die Wurzel ist die kleinste semantische und morphologische Einheit, der
  2. Semantisches Merkmal S. Sem.
  3. Vorlesung 3: Bedeutungsbeziehungen im lexikalisch-semantischen System
  4. Vorlesung 6: Wortschatzerweiterung durch Bedeutungswandel (semantische Derivation)

a) Phraseologische Zusammenbildungen.
Hierher gehören viele deutsche Phraseologismen mit unmotivierten
Gesamtbedeutungen, bei voller Umdeutung des ganzen Ausdrucks:
durch die Lappen gehen 'entwischen' (siehe S. 176); an jemandem, an
etwas einen Narren gefressen haben
'für jemanden, für etwas stark
eingenommen sein'.

Ja, der Minister hatte sogar einen Narren an dem Harteisen gefressen (H. F a 11 a d a).

b) Phraseologische Einheiten. Diese Gruppe
umfaßt viele deutsche Phraseologismen mit motivierter Gesamtbe­
deutung, ebenfalls mit voller Umdeutung: große Augen machen 'stau­
nen', auf die Beine kommen 'genesen' oder 'in bessere Verhältnisse
kommen'.

c) Phraseologische Verbindungen. Diese Phra­
seologismen werden im Gegensatz zu den ersten zwei Gruppen der
Phraseologismen durch teilweise Umdeutung und völlige Motiviert­
heit gekennzeichnet, es sind meist verbale Verbindungen, bei denen in
der Regel nur das Verb metaphorisch gebraucht wird, während der
nominale Teil gewöhnlich seine dingliche Bedeutung behält, z. B.
zum Ausdruck bringen. In dieser Wortverbindung ist das Verb brin­
gen
metaphorisch umgedeutet, das Substantiv Ausdruck bewahrt
seine eigentliche Bedeutung, das Ganze aber bedeutet 'ausdrücken'.
Hierher gehören auch nicht in Frage kommen 'nicht wichtig sein', in
Gefahr schweben
'in Gefahr sein' usw.

Eine andere, die sogenannte traditionelle. Klassifikation kann die strukturell-semantische genannt werden. Sie ist sowohl in der sowjetischen als auch in der ausländischen Fachliteratur bekannt. Laut dieser Klassifikation werden die Phraseologismen in folgende Gruppen eingeteilt: Wortpaare, Idiome, geflügelte Worte, Sprich­wörter.


Áèëåò 58. Wortpaare (Zwillingsformeln) sind stehende Verbindungen von zwei Wörtern, die einer und derselben grammatischen Wortart angehören, z. B. Mann und Maus, schalten und walten, fix und fer­tig, hin und her usw. Der Struktur nach unterscheiden sie sich von anderen phraseologischen Gruppen sehr deutlich. Am häufigsten tritt als Verbindungsmittel die Konjunktion und auf: Haus und Hof, hoffen und harren u. a. Manchmal werden sie auch durch Präpositionen ver­bunden: Schritt für Schritt, Stunde um Stunde u. a. Außerdem werden sie oft durch euphonische Mittel gestaltet und bekommen dadurch eine besondere lautliche Form. Sie werden charakterisiert:

a) durch die Alliteration — Zweck und Ziel, Kisten und Kasten, bei Nacht und Nebel u. a.;

b) auch durch den Reim — mit Sack und Pack, mit Ach und Krach, weit und breit, außer Rand und Band u. a. Diese euphonischen Mittel können aber auch fehlen: alt und jung, Tag und Nacht u. a.

Das Wortpaar besitzt eine einheitliche Bedeutung und bezeich­net einen einheitlichen Begriff.

Was die Bedeutung der Komponenten des Wortpaares anbetrifft, so sind es häufig zwei Synonyme: auf Schritt und Tritt 'auf jedem Schritt', 'überall', Art und Weise 'die Art', nach Brauch und Sitte 'nach den Sitten,' Hab und Gut 'das ganze Gut', an Ort und Stelle 'an einem bestimmten Ort', ohne Sinn und Verstand 'sinnlos', los und ledig'hei', lügen und trügen 'betrügen', hoffen und harren 'stark hoffen', Feuer und Flamme (sein) 'begeistert (sein)', kreuz und quer 'nach allen Seiten', 'von allen Seiten', 'überall'.

Wortpaare können auch aus zwei Antonymen bestehen: auf Leben und Tod 'auf immer', alt und jung 'alle', durch dick und dünn 'mit allen Mitteln', Freud und Leid 'alles', 'alle Erlebnisse', Freund und Feind 'alle'.

Andere Wortpaare bestehen auch aus Wörtern mit verschiedenen Bedeutungen, die meist einander ergänzen und dadurch eine Einheit bilden: mit Mühe und Not 'mit großer Mühe', Gang und Gäbe 'wie es üblich ist', Rat und Tat 'mit allem', leben und weben 'schaffen', kurz und gut 'kurz', 'kurzum', mit Mann und Maus 'mit allem', weit und breit 'überall', in Reih und Glied 'eingereiht'.

Unabhängig davon, ob die Wortpaare aus Synonymen, Antonymen oder aus der Bedeutung nach verschiedenen Wörtern bestehen, drük-ken sie immer einen einheitlichen Begriff aus, besitzen eine einheit­liche Gesamtbedeutung und nähern sich inhaltlich einem Worte, was an den oben angeführten Beispielen deutlich zu sehen ist.

Es gibt auch Wortpaare in der russischen Sprache: íà æèçíü è íà ñìåðòü, äåíü è íî÷ü, ñòàð è ìëàä, äðóã è íåäðóã, ñêëÿíêè è áàíêè, ñòûä è ñðàì, øóòêè-ïðèáàóòêè, êîæà äà êîñòè, ëîæêè è ïëîøêè.


Idiome bilden die nächste Gruppe stehender Wortver­bindungen. (Der Fachausdruck Idiom stammt aus dem Griechi­schen idios 'eigentümlich', 'originell'.)

Unter Idiomen versteht man Wortgruppen, die in ihrem Gebrauch erstarrt sind. Sie entstehen auf Grund bildhafter Vorstellungen von der Wirklichkeit, entwickeln sich aus freien syntaktischen •Wort­gruppen, bekommen infolge der Umdeutung einen allgemeinen um­gedeuteten Sinn, der der Summe der Bedeutungen der Komponenten nicht entspricht. Die deutsche Sprache ist sehr reich an Idiomen: die Augen in die Hand nehmen 'genau zusehen', sich die Beine in den Leib stehen 'lange warten', einen in Harnisch bringen 'zornig ma­chen', unter die Haube bringen 'verheiraten', jemandem die Cour (den Hof) machen 'flirten', einem etwas aufbinden 'weismachen' u. v. a.

Das Idiom Pech haben bedeutet 'Unglück haben'. Diese Wen­
dung stammt aus der Berufslexik der Vogelsteller. Der an der
Leimrute klebende Vogel hat Pech (an den Federn) und wird gefan­
gen. So entwickelte sich der mit der Summe der Bedeutungen der
Komponenten nicht übereinstimmende umgedeutete Sinn.

Das Idiom Hand und Fuß haben bedeutet 'vernünftig, begrün­det sein', 'gut durchgedacht'; die übertragene Bedeutung des Ganzen entspricht nicht der Summe der Bedeutungen der Komponenten.

Dieselbe Erscheinung tritt in folgenden Fällen auf: auf die Beine bringen 'aufstellen', 'aushelfen', 'heilen' und auf den Hund brin­gen 'in schlechte Verhältnisse, ins Unglück bringen'.

Das Idiom drückt einen einheitlichen Begriff aus und ist inhalt­lich einem Einzelwort äquivalent: zu Kreuz kriechen heißt 'sich demütigen', die Hand für jemanden (etwas) ins Feuer legen — 'für jemanden bürgen', auf der Bärenhaut liegen — 'faulenzen', Sand in die Augen streuen — 'belügen', 'betrügen', durch die Lappen ge­hen — 'entwischen'.

Die Gesamtbedeutung des Idioms kann sowohl motiviert als auch nicht mehr motiviert sein. Motiviert sind solche Idiome, deren Sinn aus den Bedeutungen ihrer Komponenten zu schließen ist: ins Auge fallen 'bemerkbar sein', den Kopf zerbrechen 'anstrengend nachden­ken', den Kopf verlieren 'die Geistesgegenwart verlieren', die Nase in etwas stecken 'sich für fremde Angelegenheiten interessieren', die Finger von etwas lassen 'sich nicht mit etwas abgeben', nicht auf den Kopf gefallen sein 'kein Dummkopf sein'.

Unmotiviert sind solche Idiome, deren Sinn aus den Bedeutungen ihrer Komponenten nicht zu schließen ist: etwas ist nicht hü und nicht hott 'unbestimmt', 'unklar', eine Sache übers Knie brechen 'eine Sache rasch abtun', jemanden aus den Lumpen schütteln 'je­manden kräftig zurechtweisen', auf etwas Gift nehmen 'sich auf etwas verlassen', jemandem einen Strick aus etwas drehen 'jemandem eine Falle legen, um ihm zu schaden'.

Unmotivierte Idiome können manchmal mit Hilfe der etymolo­gisch-historischen Analyse erklärt werden. Es muß betont werden, daß das Kriterium der Motiviertheit sehr subjektiv ist. Es hängt oft von dem Niveau der Kultur und der Bildung des sprechenden Sub­jekts ab. So ist das Idiom auf der Bärenhaut liegen für diejenigen, die die Quelle dieses Idioms kennen, motiviert, für die anderen aber unmotiviert. Es ist auch strittig, ob folgende Idiome zu den moti­vierten oder unmotivierten gehören: jemandem auf die Finger se­hen 'genau beobachten', etwas aus den Fingern saugen 'sich etwas ausdenken', durch die Finger sehen 'milde urteilen' u. v. a.

. Strukturell sind Idiome meist verbale Wortverbindungen und werden in folgende Gruppen eingeteilt:

a) Verb + Substantiv:

Purzelbäume schlagen 'sich überschlagen',

b) Verb + Präpositionalgruppe:

um den Kopf gehen 'um das Leben gehen'.

Sie flüsterte: „Vater, es geht um deinen Kopf. Wie ich können dich andere beobachtet haben... Tust du es öfters?" (H. Fallada.)

c) Verb + Substantiv mit Adjektiv:
lange Beine haben 'lange dauern',

d) Verb + Präpositionalgruppe mit Adjektiv:
für bare Münze nehmen 'für Wahrheit halten'.

e) Verb + Substantiv + Präpositionalgruppe:

Schuppen fallen jemandem von den Augen 'man sieht alles im rich­tigen Licht',

jemandem einen Floh ins Ohr setzen 'jemanden aufregen durch irgendeine Mitteilung' oder 'in jemandem einen Gedanken, Wunsch erwecken, der ihm keine Ruhe läßt'.

f) Verb + Adjektiv:

jemanden kalt lassen — 'jemanden gleichgültig lassen',

blau machen 'die Arbeit versäumen', 'nicht zur Arbeit gehen'.

g) Verb + Adverb:

etwas dick haben 'etwas satt haben', 'seiner überdrüssig sein',

sich breit machen 'wichtig tun', 'prahlen'.

h) Verb + Infinitiv:

flöten gehen 'verloren gehen'.

Es gibt manchmal Idiome nur mit nominalen Bestandteilen: unter vier Augen 'zu zweien', wie aus dem Ei geschält (gepellt) 'äußerst sauber', 'ganz neu'; bittere Pille 'eine Unannehmlichkeit'.

Strukturell unterscheiden sich also die Idiome von den Wort­paaren.

In der Regel sind Idiome bildlich und stark expressiv, so ist das Idiom etwas ausgefressen haben viel expressiver als etwas begangen haben.


Áèëåò 64. Geflügelte Worte ist eine besondere Art stehen­der Wortverbindungen. Dieser Fachausdruck stammt aus dem Grie­chischen, ist eigentlich selbst ein geflügeltes Wort. Man weist auf seine Abstammung von Homer hin. Man findet in der „Ilias" und in der „Odyssee" folgende Äußerungen: Geflügelte Worte warf er auf, mit geflügelten Worten wendete er sich an, richtete die Göttin geflügelte Reden, die Göttin warf ein geflügeltes Wort und viele ähnliche Ver­bindungen mit dem Wort geflügelt. Damit unterstrich Homer die Fähigkeit des menschlichen Wortes, von Mund zu Mund zu fliegen.

Unter dem Fachausdruck „geflügelte Worte" versteht man nicht nur einzelne Wörter, sondern auch Wortverbindungen. Hierher ge­hören sowohl der rote Faden (Goethe), als Bezeichnung der Idee, die sich durch alle Ausführungen hindurchzieht, wie auch Sisiphusar-beit (Homer) — ein schweres und vergebliches Bemühen. Diese zu weite Deutung des Fachausdrucks „geflügelte Worte" führt zur Ver­schwommenheit der Grenzen zwischen den geflügelten Wortverbin­dungen und Einzelwörtern. Wir betrachten geflügelte Worte als eine Art stehender Wortverbindungen, deswegen schenken wir unsere Auf­merksamkeit selbstverständlich nicht den Wörtern, sondern Wor­ten, d. h. geflügelten Wortverbindungen.

Geflügelte Worte fallen ihrer Struktur nach in verschiedenen Sprachen nicht immer zusammen, ihre Struktur hängt von den Eigen­tümlichkeiten jeder Sprache ab. Da für die deutsche Sprache die Ent­wicklung der Zusammensetzung als eine der inneren Gesetzmäßig­keiten gilt, gibt es im Deutschen viele geflügelte Worte in der Form eines zusammengesetzten Wortes, z. B. der Apfel der Zwietracht, daneben aber auch der Erisapfel.

Den deutschen Zusammensetzungen entsprechen deswegen oft russische Wortverbindungen: dt. Vaterunser — russ. îò÷å íàø, Sündenbockêîçåë îòïóùåíèÿ, Straußenparlamentñòðàóñîâûé ïàðëàìåíò.

Manche Linguisten gebrauchen auch den Fachausdruck „Schlag­wörter". Unter Schlagwörtern verstehen wir solche Wörter und Wort-Verbindungen, die zu einer bestimmten Zeitperiode eine große Be­deutung erhalten und dank ihrer besonders aktuellen Semantik im Volksmunde üblich werden. Solche Schlagwörter, durch ihren tref­fenden Sinn charakterisiert, werden im Volke beliebt und verbrei­ten sich sehr schnell. Der Unterschied zwischen den Schlagwörtern und geflügelten Worten bezieht sich auf den internationalen Charak­ter der letzteren. Schlagwörter, die für verschiedene Länder aktuell sind und durch andere Länder ziehen, heißen geflügelte Worte. Sie entstehen aus verschiedenen Quellen. Geflügelte Worte sind vor allem Aphorismen, Losungen, Sentenzen, Zitate,dabei handelt es sich oft um Aussprüche einzelner Personen — Schriftsteller, Wissen­schaftler, Politiker. Zuweilen kann auch die Autorschaft vergessen werden. Geflügelte Worte bilden feste, stabile Elemente des Wort­bestandes und bereichern ihn.

Geflügelte Worte werden durch folgende charakteristische Merk­male gekennzeichnet: durch ihren treffenden Sinn, durch ihren internationalen Charakter, durch die Kalkierung und durch das Vor­handensein einer bestimmten Quelle und manchmal eines Autors.

a) Eben der treffende Sinn gibt den Aussprüchen die
Fähigkeit, zu geflügelten Worten zu werden. Der treffende Sinn ist
eine vergehende Erscheinung, mit der Zeit verlieren manche geflü­
gelte Worte ihren treffenden Inhalt, jedoch bestehen sie auch weiter
in der Sprache als feste stehende Wortverbindungen, z. B. der gordi­
sche Knoten.
Die meisten geflügelten Worte (einzelne Wörter und
Wortverbindungen) behalten aber das Treffende: Das Sein bestimmt
das Bewußtsein
(K. Marx).

b) Geflügelte Worte werden in verschiedenen Sprachen gebraucht,
Ihre Eigentümlichkeit besteht in ihrem internationalen
Charakter. Jedoch unterscheiden sie sich prinzipiell von den
Internationalismen (siehe S. 98 ff.). Die letzteren bezeichnen wichtige
politische, kulturelle und technische Begriffe, sind meistens Termini;


ihre Quelle bleibt aber meistens unbekannt. Hierher gehören z. B. solche Wörter wie Kommunismus, Sozialismus, Physik, Kultur, Algebra u. a.

Geflügelte Worte sind keine Termini, sie drücken verschiedene Begriffe aus, ihre Quellen sind gewöhnlich bekannt.

Allgemein verbreitet sind solche geflügelten Worte wie Apfel der Zwietracht (Mythologie), Liebe macht blind (Plato), Kampf ums Dasein (Darwin) u. a.

c) Geflügelte Worte unterscheiden sich durch die A r t der Übersetzung in andere Sprachen. Sie werden nämlich mei­stenteils genau, wörtlich übersetzt, d. h. kalkiert. Sie können im Deutschen als eine besondere Art phraseologischer (Jbersetzungswör-. ter gelten: viel Lärm um nichtsìíîãî øóìó èç íè÷åãî (Montes­quieu), alles fließtâñå òå÷åò (Heraklit), lernen, lernen und ler­nenó÷èòüñÿ, ó÷èòüñÿ è ó÷èòüñÿ (Lenin).

d)Die grammatische Struktur der geflügelten Worte wird durch deren logischen Inhalt bedingt. Da sie vor allem verschiedene Sentenzen, Aphorismen, Losungen ausdrücken, treten sie gewöhnlich in Form eines vollen oder elliptischen Sa-tzes auf: Ich weiß, daß ich nichts weiß (Sokrates), Alles ist aufs beste bestellt in der besten der möglichen Welten (Voltaire), Proletarier aller Län­der, vereinigt Euch! (K- Marx und Fr. Engels).

Was die geflügelten Worte besonders kennzeichnet, ist der Umstand, daß ihre Quellen und oft ihre Schöpfer bekannt sind. Ihrer Herkunft nach können sie in sechs Gruppen eingeteilt werden: biblische, mythologische, volkstümliche, geschichtliche, politische, literarische.

1. Aus der Bibel gibt es eine Menge geflügelter Worte: Fleisch und Blut; Sündenbock; in dem siebenten Himmel, d. h. in höchster Wonne; Sodom und Gomorrha (nach der biblischen Legende) — die wegen der Lasterhaftigkeit der Einwohner vertilg­ten Städte — jetzt zur Bezeichnung eines Wirrwarrs gebraucht; verbotene Frucht — ein Apfel, wegen dessen Adam und Eva dem

biblischen Mythus nach das Paradies verlassen mußten — jetzt be­deutet es etwas Verbotenes.

2. Viele geflügelte Worte wurzeln in der antiken Mythologie:
auf dem Olymp sitzen, aus der Szylla in die Charybde, Apfel der
Zwietracht
u. a.

Aus der Szylla in die Charybde — nach der griechischen Sage sind das zwei Meerungeheuer (Strudel) in der Meerenge von Messina — übertragen heißt es — aus einer Gefahr in eine andere geraten.

3. Es gibt auch manche geflügelte Worte aus der Folklore, aus
den Volksmärchen, wo der alte Glauben und Aberglauben des Vol­
kes ihre Widerspiegelung gefunden haben. Daher sind solche ge­
flügelten Worte entstanden wie der Geist des Hauses; guter, böser
Geist; der dritte Hahnenschrei
u. a.

4. Viele geflügelte Worte stammen auch aus der Geschichte. Der
gordische Knoten
—- ein kunstvoller Knoten, den nach einer Weissa-.
gung nur ein künftiger Weltherrscher lösen würde und den Alexander
der Große mit dem Schwert durchhieb. Obertragen bedeutet es 'eine
verwickelte Angelegenheit auf eine unerwartet einfache Weise zur
Entscheidung bringen'. Den Rubikon überschreiten — Rubikon —
ein Fluß, der die Grenze zwischen Italien und Gallien bildete. Cäsar
überschritt mit seinen Legionen den Rubikon und entfesselte dadurch
einen Krieg. Daher bedeutet dieser Ausdruck 'einen kühnen schwer­
wiegenden Entschluß fassen'.

Nach Kanossa gehen — Canossa — eine Burg in den Apenninen. Kaiser Heinrich IV. (11.—12. Jahrhundert) erreichte hier durch drei­tägige Buße von Papst Gregor VII. die Lösung vom Kirchenbahn. Daher bedeutet es jetzt 'sich demütigen'. Es wird jetzt auch als Zu­sammensetzung gebraucht: der Kanossagang 'erniedrigender, herab­würdigender Gang'.

5. Geflügelte Worte können unter dem Einfluß irgendeiner poli­
tischen Erscheinung entstehen. Die imperialistische Politik von
Bismarck wurde z. B. Blut-und Eisenpolitik genannt. Viele geflügelte
Worte werden von den Politikern selbst geschaffen

6. Besonders viele geflügelte Worte stammen aus der Literatur:
Dichtung und Wahrheit, Man lebt nur einmal in der Welt, das Ewig-
Weibliche
— Goethe; Was ist der langen Rede kurzer Sinn? —- Schil­
ler.


Áèëåò 63. Sprichwörter unterscheiden sich von anderen phraseolo­gischen Wortverbindungen inhaltlich und strukturell. Das sind er­starrte, im Volksmunde umlaufende kurze Sprüche; sie existieren meistens in der Form eines Satzes und drücken bildlich einen ab­geschlossenen Gedanken aus, z. B. Von schönen Worten wird man nicht satt.

In der russischen linguistischen Literatur sind zwei Termini im Gebrauch: ïîãîâîðêà (bezieht sich auf eine Wortgruppe) und ïîñëîâèöà (ein vollständiger Satz). In der deutschen Sprache gibt es nur einen Fachausdruck, obwohl diese beiden Abarten auch vorhanden sind. Vgl. keine Rosen ohne Dornen und Wie man in den Wald hineinschreit, so hallt es wider.

Sprichwörter stammen haupt­sächlich aus dem volkstümlichen Nationalgut und tragen eine Lebenserfahrung oder Lebensregel mit lehrhafter Tendenz vor. Daher besitzen sie gewöhnlich einen belehrenden moralischen Sinn und enthalten eine Volksweisheit, einen Rat, eine Belehrung: Man schmiedet das Eisen, solange es heiß ist; Viele Köche verderben den Brei; Man soll den Teufel nicht an die Wand malen; Besser ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende.

Sprichwörter sind auch oft gereimt, was überhaupt für die volks­tümlichen Redewendungen typisch ist: Wiegewonnen, so zerronnen; ein reines Gewissen ist ein gutes Ruhekissen; einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul; Morgenstunde hat Gold im Munde.


Áèëåò 54. Die Bereicherung des Wortschatzes kann sich nicht nur auf die drei obenerwähnten Wege beschränken. Es gibt noch eine Mög­lichkeit, den Wortschatz der Sprache zu bereichern, nämlich durch Entstehung sogenannter stehender Wortverbindungen. Der Wort­schatz der Sprache besteht aus einzelnen Wörtern und Wortverbin­dungen (Redensarten, Wortgefügen), die letzteren können in der Sprache als lexikalische Einheiten auftreten. Unter lexikalischen Einheiten verstehen wir nicht nur Einzelwörter (siehe § 5), sondern auch stehende Wortverbindungen (feste Redewendungen, stehende Redewendungen, Phraseologismen). Bevor wir aber diese Wort­verbindungen näher betrachten, wollen wir versuchen, den Begriff Wortverbindung im allgemeinen zu erklären.

Die Wörter existieren in der Sprache gewöhnlich nicht isoliert, sondern in Verbindungen. Jede freie syntaktische Wortverbindung ist eine grammatisch zerlegbare Vereinigung von zwei oder mehreren Wörtern; diese syn­taktische Wortverbindung kann auch vom semantischen Standpunkt aus analysiert werden, denn jede Komponente solch einer Wortver­bindung ist selbständig und besitzt ihre eigene Bedeutung. Die Ge­samtbedeutung der ganzen Wortverbindung fällt mit der Summe der Bedeutungen ihrer Komponenten zusammen, z. B. ein kleines Kind, ein lustiges Kind, ein faules Kind, ein schönes Kind usw. oder ms Institut gehen, in den Klub gehen, ins Theater gehen, ins Theater fahren usw. Solche Wortverbindungen werden frei im Prozeß des Sprechens geschaffen und bilden den Gegenstand der Grammatik. Es kann auch vorkommen, daß freie Wortverbindungen in ihrem Ge­brauch und in ihrer Form erstarren, ihre eigentliche Bedeutung ver­lieren und infolge einer Umdeutung zu stehenden Wortverbindungen werden.

Die Ausdrücke jemandem das Gesicht, die Hände, den Kopf wa­schen treten in ihrer Grundbedeutung als freie syntaktische Wortver­bindungen auf. Die stehende Redewendung jemandem den Kopf wa­schen bedeutet dagegen 'jemanden tadeln', hat also eine übertragene Bedeutung.

Der Prozeß der Entwicklung einer freien Wortverbindung in eine stehende vollzieht sich allmählich, es ist zuweilen sogar schwer zu sagen, ob man es mit einer stehenden oder freien Wortverbindung zu tun hat.Stehende Wortverbindungen existieren in der Sprache unabhän­gig vom Prozeß des Sprechens als lexikalische Elemente des Wort­bestandes und nähern sich in ihrem Gebrauch den Einzelwörtern. Sie werden im Prozeß des Sprechens nicht neu geschaffen, sondern reproduziert (âîñïðîèçâîäÿòñÿ), da sie in der Sprache schon als er-starrte Wortverbindungen vorhanden sind, z. B. das Schwarze Meer, in Bewegung bringen, Abschied nehmen u. à.

Wie einzelne Wörter sind sie in den Wortschatz der Sprache auf­genommen worden und bereichern ihn. Diese Wortverbindungen gehören der Lexik an und gehören darum dem Gebiet der Lexikologie an. Mit solchen stehenden Wortverbindungen werden wir uns im wei­teren befassen.

. Der Fachausdruck stehende Wortverbindun­gen bezeichnet also feste, unzerlegbare Wortgruppen, die in der Spra­che als solche existieren und im Prozeß des Sprechens ähnlich ge­braucht werden wie einzelne Wörter (in der Funktion von einzelnen Wörtern auftreten).

Es gibt zwei Arten stehender Wortverbindungen: umgedeu­tete und nicht umgedeutete. In den letzteren ent­spricht die Bedeutung des Ganzen der Summe der Bedeutungen ihrer Komponenten und bleibt im Vergleiche mit diesen unverändert. Das sind vor allem Termini: Freie Deutsche Jugend, die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands, die Deutsche Demokratische Republik, das Präsidium des Ministerrats, Verdienter Techniker des Volkes.

Zu den umgedeuteten stehenden Wortverbindungen gehören sol­che, deren Gesamtbedeutung sich verändert hat und mit der Summe der Bedeutungen der Komponenten nicht zusammenfällt:

den Mund halten im Sinne 'schweigen'; auf die Beine kommen— 'genesen', 'gesund werden'; jemandem Spaß machen — 'jemandem Vergnügen machen'.

Gerade solche umgedeuteten stehenden Wortverbindungen gehö­ren der Phraseologie an.

Der Fachausdruck Phraseologie ist zweideutig, er bedeutet: 1) die Gesamtheit aller stehenden Wortverbindungen (Phraseologismen); 2) der Zweig der Sprachwissenschaft, der sich mit der Erforschung stehender Wortverbindungen befaßt.

Für alle stehenden Wortverbindungen der deutschen Spra­che sind folgende Merkmale kennzeichnend: Umdeutung, einheit­liche Gesamtbedeutung, Stabilität, Verbindung mit der Geschichte des Volkes.

a) Für die meisten stehenden Wortverbindungen — Phraseologis­men ist eine metaphorische Umdeutung charakteristisch: es ist mir Wurst (Wurscht) 'es ist mir einerlei', 'egal'; diese Bedeutung ent­steht infolge der metaphorischen Übertragung, da es gleichgültig ist, an welchem Ende die Wurst angeschnitten wird. das geht wie in Butter bedeutet 'glatt', 'leicht', 'wie mit Butter geschmiert'. Aus diesem Vergleich entwickelt sich das Idiom alles ist in Butter 'alles ist in Ordnung'.

b) Infolge der Entwicklung der einheitlichen Gesamtbedeutung zeigen fast alle stehenden Wortverbindungen (wiederum außer den Sprichwörtern und manchen geflügelten Worten) der Bedeutung nach die Tendenz zur Lexikalisierung, der Struktur nach bleiben sie aber Wortverbindungen. Daher werden sie als Äquivalente von Wörtern betrachtet und spielen im Satz die Rolle eines Satzgliedes. Bei der Analyse eines Satzes ist es daher wichtig, die innere semantische Einheitlichkeit der phraseologischen Wortverbindung, ihre inhalt­liche Unzerlegbarkeit, ihren Gebrauch als ein einheitliches Satzglied zu betonen 1.

c) Stehende Wortverbindungen sind sehr fest, stabil, leben in der Sprache sehr lange, jahrhundertelang. Die Stabilität der Phra-seologismen ist durch die Unersetzlichkeit ihrer Komponenten und durch die Einheitlichkeit ihrer Bedeutung bedingt. Der häufige Ge­brauch von Phraseologismen, ihre Verbreitung in der mündlichen

Und schriftlichen Sprache trägt auch zu ihrer Stabilität bei. Nicht von minderer Bedeutung ist auch die Tatsache, daß den Phraseolo-gismen meistenteils solche Wörter zugrunde liegen, die lebenswich­tige Begriffe ausdrücken, z. B. solche wie Fuß, Bein, Hand, Finger, Kopf, Baum, Nebel, Luft, Erde u. a.

d) Da stehende Wortverbindungen jahrhundertelang in der Sprache leben, können sie verschiedene schon längst verschwundene Sitten und Bräuche des Volkes widerspiegeln. Sie sind sprachliche Denk­mäler der konkreten Geschichte der materiellen Kultur des Volkes— des Trägers der Sprache. Das wissenschaftliche Studium der Phraseo-logismen ist daher nicht nur für Sprachforscher, sondern auch für Historiker von großer Wichtigkeit; besonders interessant sind in die­ser Hinsicht Sprichwörter und Idiome.

Auf der Bärenhaut liegen 'faulenzen' kann auf die Sitten der Urger­manen zurückgeführt werden (siehe S. 10).

Unter die Haube bringen 'verheiraten' entstand aus der alten Sitte, nach der die verheirateten Frauen eine Haube tragen sollten.

Zu Kreuze kriechen 'sich demütigen' zeugt von einer religiösen Sitte der Katholiken. Sie bestand darin, daß die Gläubigen am Kar­freitag in der Kirche am Kreuz krochen, um den Sündenerlaß zu erbeten.

Ober jemandem den Stab brechen 'jemanden verurteilen'. Diese Redensart beruht auf dem symbolischen Brauch, beim altdeutschen peinlichen Gerichtsverfahren über dem Verurteilten einen hölzernen Stab zu brechen.

Ein großes P schreiben 'verbieten', Verhindern' stammt aus der Zeit der Pest oder der nicht minder gefährlichen schwarzen Pocken und bezieht sich darauf, daß an das verseuchte Haus als Zeichen des Eintrittsverbotes ein P geschrieben wurde.

Auf die lange Bank schieben 'die Ausführung verschieben' zeugt vom Gerichtsbrauch, die Akten nicht in Schränken, sondern in bank­ähnlichen Truhen aufzubewahren.


Áèëåò55. Da stehende Wortverbindungen jahrhundertelang in der Sprache leben, können sie verschiedene schon längst verschwundene Sitten und Bräuche des Volkes widerspiegeln. Sie sind sprachliche Denk­mäler der konkreten Geschichte der materiellen Kultur des Volkes— des Trägers der Sprache. Das wissenschaftliche Studium der Phraseo-logismen ist daher nicht nur für Sprachforscher, sondern auch für Historiker von großer Wichtigkeit; besonders interessant sind in die­ser Hinsicht Sprichwörter und Idiome.

Auf der Bärenhaut liegen 'faulenzen' kann auf die Sitten der Urger­manen zurückgeführt werden (siehe S. 10).

Unter die Haube bringen 'verheiraten' entstand aus der alten Sitte, nach der die verheirateten Frauen eine Haube tragen sollten.

Zu Kreuze kriechen 'sich demütigen' zeugt von einer religiösen Sitte der Katholiken. Sie bestand darin, daß die Gläubigen am Kar­freitag in der Kirche am Kreuz krochen, um den Sündenerlaß zu erbeten.

Ober jemandem den Stab brechen 'jemanden verurteilen'. Diese Redensart beruht auf dem symbolischen Brauch, beim altdeutschen peinlichen Gerichtsverfahren über dem Verurteilten einen hölzernen Stab zu brechen.

Ein großes P schreiben 'verbieten', Verhindern' stammt aus der Zeit der Pest oder der nicht minder gefährlichen schwarzen Pocken und bezieht sich darauf, daß an das verseuchte Haus als Zeichen des Eintrittsverbotes ein P geschrieben wurde.

Auf die lange Bank schieben 'die Ausführung verschieben' zeugt vom Gerichtsbrauch, die Akten nicht in Schränken, sondern in bank­ähnlichen Truhen aufzubewahren.

 


Áèëåò 59. Stehende Wortverbindungen können in andere Sprachen übersetzt werden. Die Besonderheiten der Übersetzung werden durch die Eigentümlichkeiten dieser Wortverbindungen bedingt. Eigent­lich ist hier die Rede von der Wiedergabe des Inhalts, genauer ge­sagt, von dem Aussuchen passender Äquivalente und seltener von der Obersetzung im eigentlichen Sinne.

Es gibt vier Arten der Übersetzung von Phraseologismen: wort­genaue, äquivalent-genaue, äquivalent-ungenaue und die umschrei­bende.

a) Die wortgenaue Übersetzung ist eigentlich
eine Kalkierung. Diese Art ist fast ausschließlich für geflügelte Worte
charakteristisch: lat. 0, temporal 0, mores! (Cicero), dt. 0, Zeiten!
0, Sitten!,
russ. Î, âðåìåíà! Î, íðàâû,.

Die Phraseologismen anderer Arten werden auf diese Weise sehr selten übersetzt, wobei diese Übersetzungen dann manchmal durch die Modifikation einiger Komponenten begleitet werden.

b) Die äquivalent-genaue Übersetzung ist
die beste Art der Wiedergabe von Phraseologismen. Sie besteht da­
rin, daß man in anderen Sprachen einen Phraseologismus mit dersel­
ben Bedeutung (ein passendes Äquivalent) aussucht, wobei dieses
Äquivalent nicht nur der Bedeutung nach, sondern auch dem Etymon
nach der zu übersetzenden Wortverbindung entsprechen muß: aus
dem Finger saugen
— âûñîñàòü èç ïàëüöà; auf großem Fuß leben — æèòü
íà øèðîêóþ íîãó, in die Augen fallen — áðîñàòüñÿ â ãëàçà; er hat
das Pulver nicht erfunden
— îí íå èçîáðåë ïîðîõà, er holt keine
Sterne vom Himmel
— îí íå õâàòàåò çâåçä ñ íåáà.

Dabei spielt es bei der Übersetzung von Phraseologismen gar keine Rolle, ob das entsprechende Äquivalent in der betreffenden Sprache selbst oder durch Kalkierung aus einer anderen Sprache ent­standen ist,

ñ) Die äquivalent-ungenaue Übersetzung ist weniger treffend, da sie nicht immer die Eigentümlichkeit der Phraseologismen wiedergibt. Sie besteht auch im Aussuchen einer äquivalenten stehenden Wortverbindung mit derselben Bedeutung, aber mit einem anderen Etymon: Auf der Bärenhaut liegen — áèòü áà­êëóøè; Eile mit Weile — òèøå åäåøü, äàëüøå áóäåøü; Eulen nach Athen tragen — åõàòü â Òóëó ñî ñâîèì ñàìîâàðîì.

d)Die Obersetzung durch freie Ums ñ h r e i-b u n g wird dann angewendet, wenn die oben erwähnten Überset­zungsarten unmöglich sind. Diese Art ist am wenigsten treffend, denn dabei verschwindet die Eigentümlichkeit, Bildhaftigkeit, Emotio-nalität des Ausdrucks. Der eigenartige Reiz der Phraseologie geht dadurch verloren: den Stab über jemanden brechen — îñóäèòü êîãî-ëèáî; etwas um ein Butterbrot kaufen — êóïèòü çà áåñöåíîê, ïî÷òè äà­ðîì; Schwein haben — èìåòü óäà÷ó, ñ÷àñòüå; einer aus der siebenten Bitte — ïëîõîé ÷åëîâåê.


§ 124. Phraseologische Äquivalente existieren nicht nur in ver­schiedenen Sprachen, sondern auch in einer und derselben Sprache, in unserem Falle im Wortschatz der deutschen Sprache selbst.

Im Deutschen sind mehrere stehende Wortverbindungen mit na­hen oder ähnlichen Bedeutungen vorhanden. Es ist mir Wurst bedeu­tet dasselbe, was es ist mir egal; die Hand ins Feuer für etwas (jeman­den) legen, Gift auf etwas nehmen können, auf etwas Brief und Sie­gel geben, etwas mit Hand und Mund versichern, einen Besen fressen wollen: alle diese Wortverbindungen haben die Bedeutung 'für etwas (jemanden) bürgen'. Das Regiment führen, die erste Geige spielen, den Ton angeben, das große Wort führen bedeutet 'die führende Rolle spielen'. Jemandem blauen Dunst vormachen heißt dasselbe, wie Potemkinsche Dörfer vorgaukeln.

Überhaupt hat dieser Taubenhaus der Stadt blauen Dunst vor­gemacht und ihr Potemkinsche Dörfer vorgegaukelt (B. Keller­mann).

Als glänzendes Beispiel sinnverwandter Sprichwörter dient fol­gender Auszug aus Heine, wo verschiedene Sprichwörter eine und die­selbe Bedeutung haben — Gut Ding will Weile haben.

............................................................................ Es hat

Mit dem Schlagen gar keine Eile,

Man baute nicht Rom in einem Tag,

Gut Ding will haben Weile.

Wer heute nicht kommt, kommt morgen gewiß,

Nur langsam wächst die Eiche,

Und chi va piano, va sano, so heißt,

Das Sprichwort im römischen Reiche (II. Heine).

§ 125. In verschiedenen Sprachen läßt sich eine Menge von Phra­seologismen aufzeichnen, die der Bedeutung und sogar dem Etymon


nach beinahe zusammenfallen. Solche Äquivalente sind in der Pa­tsche sitzen — ñèäåòü â ëóæå; Alle(s) über einen Kamm scheren — ñòðè÷ü âñåõ (âñå) ïîä îäíó ãðåáåíêó; Die Katze im Sack kaufen — ïî­êóïàòü êîòà â ìåøêå u. v. a.

Diese Erscheinung bemerkten auch manche westeuropäische Sprachforscher. F. Munker schreibt z. B. darüber folgendes- „Auffallend ist dabei die vielfache Übereinstimmung von Redensarten genannter Art in den verschiedenen Sprachen selbst da, wo gegenseitige literarische Beeinflußung nicht in Frage kommen kann.' l F. Munker führt dabei viele Äquivalente aus verschiedenen Sprachen an 2: sich ins Fäustchen lachen — russ. ñìåÿòüñÿ â êóëàê, frz. rire sous cape, ital. ridersela sotto i baffi, span. reirse de por al de alguna cose, engl. to laugh in one's sleeve. Das Kind mit dem Bade ausschütten — russ. âûïëåñíóòü è ðåáåíêà ñ âîäîé, frz. jeter la cerise avec la queue, ital. butter via II buono cot cattivo, span. echan lo buono con lo malo. F. Munkerstellt das Vorhandensein dieser Äquivalente in verschiede­nen Sprachen fest und betont, daß nicht alle Äquivalente durch die Einwirkung der Literatur erklärt werden können. Aber er begnügt sich nur mit der Feststel­lung und Illustrierung dieser Tatsache.

Selbstverständlich kann das Zusammenfallen mancher stehenden Wortverbindungen in verschiedenen Sprachen durch die Einwirkung der Literatur erklärt werden. Wenn man schon von der Einwirkung auf diesem Gebiete spricht, so darf nicht vergessen werden, daß diese nicht nur auf dem Gebiet der Literatur vorhanden sind, sondern auch durch wirtschaftliche, politische und kulturelle Beziehungen der Völker bedingt werden können. Aber auch das ist nicht das Wichtigste. Das Zusammenfallen stehender Wortverbindungen in verschiedenen Sprachen ist durch den allgemeinmenschlichen Charakter der Ent­wicklung des Denkens zu erklären. Das Denken spiegelt aber die Wirk­lichkeit wider. In der Wirklichkeit, eigentlich im Leben der Men­schen, gibt es manches Ähnliche, was seinen Ausdruck in der Phraseo­logie findet, z. B. man konnte überall das Eisen nur dann schmieden, wenn es heiß war, daher das Sprichwort Man schmiedet das Eisen, solange es heiß ist — êóé æåëåçî, ïîêà ãîðÿ÷î. Wenn man in den Wald geht, hat man die Gewohnheit einander zuzurufen, daher das Sprich­wort Wie man in den Wald hineinschreit, so hallt es wider — êàê àóê­íåòñÿ, òàê è îòêëèêíåòñÿ.

Aber es gibt auch stehende Wortverbindungen, die der Bedeutung nach äquivalent, dem Etymon nach jedoch verschieden sind: Unter vier Augen, russ. ñ ãëàçó íà ãëàç, frz. tete ä tete (tete 'Kopf'), engl. face to face (face 'Gesicht'). Daneben ist aber auch zu beachten, daß manche stehende Wortverbindungen keine Äquivalente in anderen Sprachen besitzen. Das ist durch den nationalen Charakter der Sprache und durch die Eigentümlichkeit der Geschichte des Volkes zu er­klären, z. B. auf der Bärenhaut liegen, ein großes P schreiben, etwas auf dem Kerbholz haben, jemandem ein X für ein U vormachen, im Rus­sischen gibt es êðè÷àòü âî âñþ Èâàíîâñêóþ; âîò òåáå, áàáóøêà, è Þðüåâ äåíü; áèòü áàêëóøè; íè çãè íå âèäíî; ïîäâåñòè ïîä âåíåö è. à.

1 F. M u n k e r, Die Sprache des Alltags, Teil I, Nürnberg, 1931, Vor­wort, S. 4.

a Wir halten es für notwendig, auch russische Äquivalente hinzuzufügen.


§ 126. Stehende Wortverbindungen können im Prozeß der wei­teren Entwicklung vieldeutig werden. Sich eine Blöße geben bedeu­tet: a) einen Fehler machen und b) eine Schwäche verraten; jemanden (etwas) im Stich lassen bedeutet:

a) jemanden in der Gefahr verlassen

„Sage du mir: Kann ich meine Gruppe, kann ich meine Ge­nossen im Stich lassen?" (H. H e r m a n n.)

b) jemanden seinem Schicksal überlassen, jemanden verlassen
auch im abstrakten Sinn

Sie las ein zweites, ein drittes Mal; dann erkannte sie, daß also auch dieser alte Messerschmidt, der ausschaute wie ein Monument der Biederkeit, sie im Stich gelassen hatte. Auch er hatte sie an­geschmiert mit schönen Reden (L. F e u ñ h t w a n g e r).

Wenn sein Gedächtnis ihn im Stiche ließ, so half er sich damit, daß... (Th. Mann.)

c) irgendeine Sache aufgeben, die Hand von etwas lassen

Er war nicht der Mann, eine Sache im Stich zu lassen, zu der er einmal ja gesagt hat (L. Feucht wa n g er).

d) jemandem keine Aufmerksamkeit schenken

Die Mutter und die Schwester hatten die Köpfe gesenkt und nickten,... ließen ihn jetzt gänzlich im Stich und schliefen wirklich ein (G. Keller).

e) jemandem die Treue brechen

Als hätte sie Geschke wirklich im Stich gelassen, empfing sie ihn nach der Arbeit mit ausgeklügelten Mühen, um die.erträumte Untreue wettzumachen (A. S e g h e r s).

§ 127. Die Prägung von Phraseologismen führt der Sprache neues Wortgut zu. Die Phraseologismen entstehen in der Sprache bestän­dig und bereichern dadurch ihren Wortschatz. Durch die Bildung stehender Wortverbindungen entstehen in der Sprache Synonyme. So kann zuweilen ein bestimmter Begriff in der Sprache durch ein ein­zelnes Wort und zugleich durch einen Phraseologismus ausgedrückt werden. Außerdem entstehen solche Phraseologismen, die im Ver­gleich zu den Einzelwörtern eine ganz besondere Schattierung in ihrer Bedeutung erhalten. So bedeutet in Bewegung setzen nicht dasselbe wie bewegen. Vgl. Der Karren wird in Bewegung gesetzt, was durch das Verb bewegen nicht ersetzt werden kann. Oder Freundschaft mit je­mandem pflegen ist nicht dasselbe wie sich mit jemandem befreunden usw.

Es ist noch folgendes zu bemerken: auf Grund stehender Wortver­bindungen entwickeln sich manchmal neue Wörter. So haben K- Marx


und Fr. Engels aus dem Idiom auf der Bärenhaut liegen das Wort Bärenhäuterei gebildet.

Die Bourgeoisie hat enthüllt, wie die brutale Kraftäußerung, die die Reaktion so sehr am Mittelalter bewundert, in der trägsten Bä­renhäuterei ihre passende Ergänzung fand (K. Marx und Fr. En­gels).

Aus dem Phraseologismus nach Kanossa gehen ist das Kpmpositum der Kanossagang entstanden. Aus manchen verbalen stehenden Wort­verbindungen können zusammengesetzte Verben entstehen.

So entwickelte sich aus in Stand setzen das Verb instandsetzen, aus Teil nehmen das Verb teilnehmen; der Phraseologismus Anteil nehmen existiert aber nur als stehende Wortverbindung.

Man hatte kaum, die Hände hinter dem Kopf gefaltet, ein wenig zur Decke geblickt und einem Gedanken nachgehangen, so dröhnte das Gong, das die nicht Bettlägngen und Moribunden aufforderte, sich zur großen Mahlzeit instandzusetzen (T h. Man n).

Wegen ihrer Bildhaftigkeit, wegen ihrer treffenden Form dran­gen die Phraseologismen in den deutschen Wortschatz ein und er­oberten sich ihren Platz im Sprachgebrauch des ganzen Volkes.

Der Wortschatz der deutschen Sprache wird also durch stehende Wortverbindungen quantitativ bereichert.

Die Phraseologismen bereichern die Sprache auch qualitativ, weil sie manchmal mehrdeutig sind und mehrere Begriffe bezeichnen können. Dabei darf auch nicht vergessen werden, daß stehende Wort­verbindungen oft viel expressiver und emotioneller als einzelne Wör­ter sind und damit nicht wenig zur Vervollkommnung der Sprache beitragen.

Zum Schluß sei nochmals erwähnt, daß es vier Wege der Berei­cherung des Wortschatzes gibt: Wortbildung, Entlehnung, Bedeutungswandel und Bildung von Phraseo­logismen. Der Hauptweg der quantitativen Bereicherung des Wortschatzes ist vor allem die Wortbildung, der qualitativen dagegen der Bedeutungswandel.


Áèëåò 48. Hinsichtlich der semantischen Analyse fällt folgendes ins Auge: im Wortschatz der Sprache sind verschiedene Wortgruppen vorhanden, die semantisch miteinander verbunden sind. Entweder nähern sie sich einander in ihrer Bedeutung, oder sie entfernen sich weit voneinander. In Hinsicht auf diese gegen­seitigen Beziehungen der Wörter zueinander lassen sich vier Wort­gruppen unterscheiden:

a) Synonyme — Wörter und Wortverbindungen, deren Be­
deutungen zusammenfallen oder nah sind;

b) Antonyme — Wörter und Wortverbindungen mit entge­
gengesetzten Bedeutungen;

 

c) Homonyme — Wörter und Wortverbindungen mit glei­
cher Form und völlig verschiedenen Bedeutungen;

d) Wortfamilien — Wörter und Wortverbindungen, die
durch die ihnen zugrunde liegende Wurzel semantisch verbunden
sind.

Unter Synonymen (grch. synsnymos 'gleichnamig') verste­hen wir sinnverwandte Wörter mit verschiedener lautlicher Form und gleicher oder ähnlicher Bedeutung, die einen und denselben Be­griff oder sehr ähnliche Begriffe ausdrücken. Der Gemeinschaft der Synonyme liegt also die Gemeinschaft von entsprechenden Be­griffen zugrunde, die gleiche wesentliche Merkmale von Gegenständen, Erscheinungen und Vorgängen widerspiegeln, z. B. sich verbeugen und sich verneigen, Feuer und Flamme.

Die Betrachtung der Synonyme zeigt aber, daß Wörter und Wort­verbindungen, die als synonymische betrachtet werden können, außer der Gemeinschaft (îáùíîñòü) des Hauptmerkmals auch ver­schiedene Nebenmerkmale besitzen, die oft nicht zusammenfallen und zuweilen sogar verschieden sind. Für das Verstehen und die richtige Anwendung der Synonyme ist auch das, was in ihnen verschieden ist, von großer Wichtigkeit.

Synonyme unterscheiden sich voneinander: a) durch Schattie­rungen der Bedeutung, z. B. schnell drückt nicht ganz dasselbe wie

hastig aus (hastig bezieht sich nur auf Menschen); b) durch verschiede­nen kontextuellen Gebrauch — nicht immer lassen sich ledig, los und frei gegenseitig ersetzen; c) durch stilistische Färbung, z. B. fressen, essen, speisen, wo essen neutral, fressen grob, speisen gehoben gefärbt sind.

Die Synonyme der deutschen Sprache sind verschiedenartig. Alle Synonyme lassen sich in zwei Gruppen einteilen: in vollständige und unvollständige.

Unter vollständigen Synonymen verstehen wir solche Wörter und Wortverbindungen, die ganz gleiche dingliche Bedeutungen haben, d. h. die einen und denselben Begriff ausdrücken, im beliebigen Kontext einander ersetzen können und stilistisch neutral gefärbt sind: Augenlid und Lid; Schi (Ski), Schneebretter, Schnee­schuhe.

Die meisten Reihen vollständiger Synonyme bestehen aus Wör­tern deutscher und fremder Herkunft: AugenblickMoment, Rund­funkRadio, UraufführungPremiere, ErgebnisResultat, Bahn­steigPerron, AufzugFahr stuhlLift, drahtentelegraphie­ren u. v. a.

Viel seltener gibt es Synonymenreihen, die nur aus deutschen Wörtern bestehen; manche von ihnen sind wahrscheinlich ursprüng­lich auch dialektaler Herkunft, wie Spatz — süddeutsche Koseform von nihd. spar (Sperling) — und Sperling. Aber jetzt, in der modernen Sprache werden beide Wörter als gemeindeutsche aufgefaßt.

Die Analyse vollständiger Synonyme erweist, daß diese vor allem eindeutige Wörter, hauptsächlich Fachausdrücke umfassen. Die meisten Synonyme dieser Gruppe sind auf Grund der entlehnten, vor allem der internationalen Lexik entstanden. Eben deswegen sind vollständige Synonyme deutscher Herkunft nicht zahlreich; außer Termini, die meistenteils fremdsprachiger Herkunft sind, gibt es nicht viele eindeutige Wörter in der Sprache. Außerdem spielt hier auch der Umstand, daß die Sprache eigentlich keine völlig gleich­bedeutenden Wörter duldet, eine ziemlich große Rolle


Die zweite, viel zahlreichere Gruppe, ist die der unvoll­ständigen Synonyme. Unter den unvollständigen Syno­nymen verstehen wir solche, die sich nicht völlig decken, da sie außer den gemeinschaftlichen Hauptmerkmalen auch verschiedene Nebenmerkmale besitzen. Sie unterscheiden sich voneinander auf irgendeine Weise entweder durch Nebenschattierungen der Bedeutung oder durch besondere stilistische Färbung oder durch den Gebrauch. Dementsprechend zerfallen sie in ideographische und stilistische Synonyme.

Ideographische Synonyme sind Wörter und Wort­verbindungen, die eine und dieselbe nominative Bedeutung besitzen, aber sich voneinander durch verschiedene Nebenbedeutungen und durch die Besonderheiten des Gebrauchs unterscheidenDas Wort ledig kann z. B. einerseits als Synonym zu den Wörtern tos, frei und andererseits als Synonym zum Wort unverheiratet aufreten (siehe S. 215).

Ideographische Synonyme sind also nicht gleichartig, sie glie­dern sich in unabhängige und kontextuale.

Unter den unabhängigen verstehen wir solche ideogra­phischen Synonyme, die unabhängig vom Kontext die gleichen Haupt­merkmale des Gegenstandes, der Erscheinung oder des Vorgangs bezeichnen, aber sich durch deren verschiedene Nebenmerkmale unter­scheiden und demzufolge verschiedene manchmal sehr feine Schattie­rungen der Bedeutung besitzen. Die synonymische Reihe Ufer, Strand, Küste, Kai bezeichnet im allgemeinen den Erdrand eines Gewässers, aber jedes dieser Wörter hat seine besondere Bedeutungsschattierung, nämlich Ufer wird hinsichtlich eines Flusses, Baches gebraucht, Küste, Strand — hinsichtlich des Meeres, Kai bezeichnet eine mit Stein oder Holz befestigte Uferstraße.

Zu den kontextualen Synonymen können solche Wörter und Wortverbindungen gezählt werden, die nicht immer sondern nur unter bestimmten Umständen, d. h. in bestimmten Kon­texten, als Synonyme auftreten. Zu solchen Synonymen gehören mehrdeutige Wörter, die infolge ihrer Mehrdeutigkeit in synony­mische Beziehungen zu verschiedenen Wörtern treten, und zwar nur in einer ihrer Bedeutungen. So hat das Wort ledig die Bedeutungen 'frei', 'los' und 'unverheiratet', dementsprechend tritt es einerseits, wie es schon oben erwähnt ist, als Synonym von los, frei auf, ande­rerseits— synonymisch zu unverheiratet.

Das Verb ruhen hat mehrere Bedeutungen: 'sich erholen', 'aus­ruhen', aber auch 'auf etwas liegen', 'auf etwas gestützt sein' u. a. So kann dieses Wort in der ersteren Bedeutung synonymisch zu den Verben rasten —'ausruhen', 'sich erholen' gebraucht werden.

In der zweiten Bedeutung ist das Wort ruhen zu den Wortverbindun­gen auf etwas liegen, auf etwas gestützt sein synonymisch, auch in über­tragener Bedeutung.

Stilistische Synonyme unterscheiden sich von anderen durch ihre besondere stilistische Beschaffenheit, also entweder durch die besondere stilistische Färbung oder durch den Gebrauch in verschiedenen funktionellen Stilen, was mit der Färbung verbunden ist. Das konkrete Sprachmaterial zeigt, daß stilistische Synonyme in der Regel ein und denselben Begriff bezeichnen, d. h. ein und dieselbe dingliche Bedeutung haben: GestelltAntlitz, WellenWogen, PferdRoß. Die ersten Glieder dieser Synony-menreihen sind stilistisch neutral, die zweiten aber verschieden stili­stisch gefärbt.

Die stilistische Färbung dieses Wortes kann sich verändern, und dann verliert das Wort Antlitz manchmal seine gehobene Stilfärbung und bekommt eine andere, z. B. eine ironische, grobe, neutrale.

Meistens besitzen stilistische Synonyme verschiedene Nebenbe­deutungen, sie charakterisieren verschiedene Nebenmerkmale des Gegenstandes, der Erscheinung oder des Vorgangs wie in essen, fres­sen, speisen, genießen. Das Verb essen ist neutral gefärbt, fressen ist grob, in bezug auf einen Menschen gebraucht, wird auch neutral, wenn es auf ein Tier bezogen wird (vgl. russ.ecmü, æðàòü und nicht Hauptschmerzen.

Die Grenze zwischen den vollständigen und ideographischen Sy­nonymen einerseits und stilistischen andererseits ist nicht immer deutlich durchzuführen. Manche ideographischen Synonyme können eine besondere stilistische Färbung erhalten und zu stilistischen werden, z. B. die ursprünglich ideographischen Synonyme Roß und Pferdsind zu stilistischen geworden. Pferd ist der allgemeine Name des Tieres, welcher dasselbe seiner Gattung nach bezeichnet. Roß bezeichnete ursprünglich ein edles Pferd, besonders ein für Kriegszwecke bestimm­tes, z. B. Kriegsroß, Kampfroß. Heutzutage ist dieser semantische Unterschied verschwunden, dagegen entwickelt sich der stilistische, dementsprechend können jetzt Pferd und Roß als stilistische Sy­nonyme betrachet werden, wobei Pferd die neutrale Färbung behält, Roß aber die gehobene, poetische erhält.

Vollständige Synonyme können auch eine besondere Färbung bekommen, also zu unvollständigen Synonymen werden, z. B. Onkel und Oheim, wo Oheim gewöhnlich stilistisch gehobener als das neutral gefärbte Onkel ist.

Außer ihrer besonderen stilistischen Färbung können stilistische Synonyme in ihrer Entwicklung auch andere Schattierungen der Bedeu­tung erhalten. So waren die Wörter Kopf und Haupt zuerst stilistisch neutral, später bekamen sie auch feine Schattierungen der Bedeutung, z. B. Haupt als Bezeichnung eines Leiters.

 

 


Áèëåò 49. Es bestehen folgende Wege der Entstehung von Synonymen:

1. Die Wortbildung schafft manche Synonyme. So sind auf Grund

der Zusammensetzung und Ableitung Opernglas und Operngucker

entstanden.

2. Die Veränderung der Form führt auch manchmal zur Bildung
von Synonymen, z. B. AarAdler. Das letztere entstand aus dem
mhd. adelar, eigentlich 'edler Aar'. In Folge der Reduktion der Zu­
sammensetzung adelar wurde ein neues Wort gebildet, das als Syno­
nym zu Aar aufgefaßt wird..

3. Synonyme können auch durch Entlehnung entstehen. Auf diese
Weise sind solche Synonyme entstanden wie kurieren zu heilen,
Armee
zu Heer, Bukett zu Strauß.

4. Die Bildung von Verdeutschungen hat auch zur Entstehung
von Synonymen geführt; so sind solche Synonyme entstanden wie
Rundfunk zu Radio, Zeitwort zu Verb, Schaffner zu Kondukteur,
Abteil
zu Coupe u. v. a.

5. Der Bedeutungswandel zieht auch die Entstellung von Synony­
men nach sich. Auf diese Weise sind solche Synonyme entstanden
wie schlecht zu schlimm (Degradierung der Bedeutung) u. a. Stube
tritt in eine Synonymenreihe mit Zimmer auch infolge des Bedeutungs­
wandels des Wortes (Metonymie und Erweiterung der Bedeutung —
ahd. stuba bedeutete ursprünglich 'Ofen', dann 'Raum mit einem
Ofen', 'heizbares Gemach', jetzt 'ein beliebiges Zimmer'). Heut­
zutage gehört auch Gemach zu dieser synonymischen Gruppe, was auch
auf Grund des Bedeutungswandels vor sich gegangen ist. Das mhd.
gemach bedeutete 'Ruhe', 'Bequemlichkeit', 'Pflege' (daher— ge­
mächlich
'ruhig', 'bequem').

6. Euphemistische Umschreibungen schaffen auch zahlreiche
Synonyme: Beinkleider zu Hosen, phantasieren zu lügen, der Böse
zu Teufel u. v. a.

7. Die Entwicklung von stehenden Wortverbindungen führt zur
Bildung von Synonymenreihen: es ist mir ganz egal, gleich; Kisten
und Kasten voll haben, in Hulte und Fülle leben, reich sein; einer Mei­
nung beistimmen, mit jemandem einverstanden sein, derselben Meinung
sein; auf die Minute, pünktlich
usw.

8. Synonyme entstehen auch als Folge der Entwicklung von Neo­
logismen, z. B. Stachanowarbeiter entsteht als Synonym zu Stoßar­
beiter, Henneckearbeiter
tritt als Synonym zu diesen beiden, infolge­
dessen entwickelt sich die Synonymenreihe Stoßarbeiter, Stachanow­
arbeiter, Henneckearbeiter;
auf diese Weise ist auch die knappe
Bezeichnung Sichtfüller für einen Füllfederhalter entstanden, das ist
ein Füllfederhalter, der durchsichtig ist und den Tintenvorrat sehen
läßt.

Das Eindringen von Dialektismen, Jargonismen und Argotismen
in die allgemeirfe Nationalsprache schafft auch Synonyme: die süd­
deutschen Wörter Samstag, Mädel, Orange treten neben den norddeu­
tschen Sonnabend, Mädchen, Apfelsine auf;

Die Synonymie ist eine historische Erscheinung. Neben der Ent­stehung von Synonymen ist auch ein entgegengesetzter Prozeß, nämlich das Verschwinden von Synonymen zu bemerken, besonders wenn es sich um vollständige Synonyme handelt, denn die Sprache duldet völlig gleichbedeutende Wörter nicht (siehe S. 210).

Manche synonymische Wörter verschwinden völlig aus der Sprache, wie wir es schon gesehen haben (siehe S. 212).

Zum Schluß ist aber folgendes zu unterstreichen: Synonyme bil­den eine große lexikalisch-semantische Gruppe des Wortschatzes der deutschen Sprache, die von der Mannigfaltigkeit, von dem Reichtum der Sprache zeugt. Je reicher und mannigfaltiger die Synonymik der Sprache ist, desto reicher ist auch der Wortschatz und desto leichter ist es, die feinsten Schattierungen der Gedanken und Gefühle auszu­drücken.


Áèëåò50. Antonyme (vom grch. anti 'gegen', onoma 'Name' — eigentlich 'Gegenname') sind solche Wörter, die völlig entgegenge­setzte Begriffe bezeichnen, z. B. TagNacht, gutschlecht, altjung u. v. a.

Antonyme finden wir bei verschiedenen Redeteilen: Substantive: ReichtumArmut, HimmelErde, Hitze — Kälte u. a. Adjektive:

altheiß, klugdumm u. a. Adverbien: untenoben, linksrechts, hierdort u. a. Verben: lebensterben, lösenbinden, gebennehmen u. a.

Ihrer Herkunft nach zerfallen die Antonyme in zwei Gruppen:

1. Antonyme, die von Anfang an entgegengesetzte Bedeutungen
haben. Diese Gruppe von Antonymen ist sehr groß und umfaßt haupt­
sächlich Substantive und qualitative Adjektive: LebenTod, Frie­
den — Krieg, Wahrheit
Lüge, LiebeHaß, NutzenSchaden,
Prolet
Kapitalist, MorgenAbend, MeerLand, Freund
Feind; trockennaß, groß — klein, tapferfeige, hochniedrig,
hart
weich, satthungrig, fleißigfaul, schwarzweiß, breit
schmal, gesundkrank.

2. Antonyme, die infolge ihrer Entwicklung entgegengesetzte
Bedeutungen bekommen haben: infolge des Bedeutungswandels und
der Wortbildung.

a) Im Prozeß des Bedeutungswandels sind folgende Antonyme
entstanden: gutschlecht, teuerbillig, reicharm. Das Ad­
jektiv schlecht als Antonym zu gut entwickelte sich infolge der Degra­
dierung der Bedeutung. Infolge der Verengung der Bedeutung ist das
Wort billig als Antonym zu teuer entstanden. Reich bedeutete ur­
sprünglich 'mächtig', dann erhielt es durch metonymische Über­
tragung die Bedeutung 'mächtig', 'reich', schließlich nur 'reich'
(Verengung der Bedeutung), und auf diese Weise ist es ein Antonym
zu arm geworden.

b) Antonyme entstehen auch durch Wortbildung und zwar auf
dem Wege der Ableitung. Zur Bildung von Antonymen dienen viele
Halbsuffixe und Präfixe. Unter den Halbsuffixen sind hier insbeson­
dere die Halbsuffixe -los, -frei einerseits und -voll, -reich andererseits
hervorzuheben, die zu einem und demselben Stamm hinzugefügt wer­
den. Auf diese Weise sind solche Antonyme entstanden wie tränenlos,
lieblos, freudlos
zu tränenvoll, liebevoll, freudevoll; schmerzenreich
zu schmerzlos.

Von großer Bedeutung für die Bildung der Antonyme sind ver­schiedene Präfixe: zu- und abzunehmenabnehmen; auf- und zuaufmachenzumachen, aufdeckenzudecken; ein- und aus

einpackenauspacken, einschaltenausschalten; be-, ver- und ent -

bewässernentwässern, bewaffnenentwaffnen, verwickelnent­wickeln, verhüllenenthüllen, verschleiernentschleiern; zu- und ent-zukorkenentkorken.

Die Präfixe ent-, un-, miß- haben überhaupt die Fähigkeit, dem Worte eine entgegengesetzte Bedeutung zu verleihen: LustUn­lust, ladenentladen, deckenentdecken, GlückUnglück, Ge­duldUngeduld, liebunlieb, verständlichunverständlich, GunstMißgunst, ErfolgMißerfolg, AchtungMißachtung, trauenmißtrauen, billigenmißbilligen, gelingenmißlingen. Es gibt auch Fälle, wo ein und dasselbe Präfix, zu Synonymen hinzu­gefügt, Antonyme bildet, z. B. verachten und verehren.

Das hängt davon ab, daß ein und dasselbe Präfix vieldeutig sein kann. So besitzt das Präfix uer- viele Bedeutungen, darunter auch die ver­stärkende und die verneinende.

Es gibt auch solche Antonyme, die zugleich nicht nur zu einem, sondern auch zu zwei, drei Wörtern antonymisch sein können. So ist breit antonymisch zugleich zu schmal und eng, alt zu neu und jung, kalt zu warm und heiß, klug zu dumm und albern, süßzu sauer und bitter u. a.

Es hängt oft von der Polysemie des antonymisch gebrauchten Wortes ab. Das Adjektiv alt kann im Sinne 'abgenutzt' (schäbige, alte Kleider, Sachen) und im Sinne 'ein gewisses Alter besitzend' gebraucht werden, deswegen tritt es als Antonym einerseits zu dem Wort neu, andererseits zu jung auf.

Es kommt auch vor, daß die Wörter, zu denen ein und dasselbe Antonym gebraucht wird, einen verschiedenen Grad der Qualität bezeichnen, was auch die Bildung von solchen Antonymen ermög­licht. So ist trocken zugleich zu feucht und naß antonymisch, da die letzteren einen verschiedenen Grad der Feuchtigkeit bezeichnen.

§ 144. Antonyme lassen sich nach den von ihnen bezeichneten Begriffen in verschiedene Gruppen einteilen:

a) Antonyme, in denen die mit dem Zustand und der Tätigkeit
des Menschen verbundenen Begriffe ihren Ausdruck finden: Gesund­
heit
Krankheit, StärkeSchwäche, JugendAlter, Wachen
Schlafen, kräftigschwach, fröhlichtraurig, ermattetausge­
ruht, arbeiten
faulenzen, erkrankengesunden u. a.

b) Antonyme, die verschiedene Gefühle, Emotionen bezeichnen:
LiebeHaß, GrobheitZärtlichkeit, FreudeTraurigkeit, grob­
zart, gut
böse, verehrtverachtet u. a.

c) Antonyme, die Naturerscheinungen widerspiegeln: Wärme
Kälte, TrockenheitFeuchtigkeit, FinsternisHelligkeit, hell
dunkel, hellwerdendunkelwerden, aufblühenabblühen u. a.

d) Antonyme, die die Qualität ausdrücken: schönhäßlich;
gerade
krumm; sauber, reinschmutzig; nützlichschädlich u. a.

e) Antonyme, die verschiedene Zeitbegriffe bezeichnen: Morgen
Abend, TagNacht, morgendlichabendlich, tagsnachts, früh
spät, damalsjetzt u. a.

Für Antonyme ist es kennzeichnend, daß ihre Semantik sehr deutlich aufgefaßt und gefühlt wird. Durch den krassen Unterschied in der Semantik verhelfen sie dem Sprechenden zu einem besseren Verstehen und Gebrauchen der Wörter. Antonyme werden dazu ver­wendet, um verschiedene Erscheinungen einander gegenüber-oder entgegenzustellen, was eine schönere, ausdruckvollere Schilderung der Wirklichkeit ermöglicht.


Áèëåò 46. Homonyme (grch. homos 'gleich', onoma 'Name') sind Wörter und Wortverbindungen mit gleicher lautlicher Form und völlig verschiedenen Bedeutungen: Reif 'Ring'— Reif 'gefrorener Tau' — reif 'gereift'; Mahl 'Essen' — Mal 'Zeitpunkt' — Mal 'Erkennungszeichen' u. a. Mahl als Essen:

Die Homonyme lassen sich im Deutschen in drei Gruppen einteilen: lexikalische, lexikalisch-grammati­sche, grammatische.

Unter den lexikalischen Homonymen verstehen wir solche Wörter mit verschiedener Semantik, die lautlich in allen Formen zusammenfallen, also vollständige Homonyme sind. Wie die Betrachtung des konkreten Sprachmaterials beweist, sind lexi­kalische Homonyme immer vollständige Homonyme. Lexikalische Homonyme sind vor allem unter den Substantiven zu finden: Schnur (f) 'Bindfaden' — Schnur (f) — 'Schwiegertochter'; Rost (m) 'Gitterboden einer Feuerung' — Rost(m) 'Überzug an Eisen und Stahl' (Zerstörungserscheinung, durch Oxydation hervorgerufen); Märe(f) 'Kunde' — Mähre(f) 'Pferd';

Miene® 'Gesichtsausdruck' — Mine(i) 'Grube im Bergbau'— Mine(f) 'Geschoß'.


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Ïîèñê ïî ñàéòó:



Âñå ìàòåðèàëû ïðåäñòàâëåííûå íà ñàéòå èñêëþ÷èòåëüíî ñ öåëüþ îçíàêîìëåíèÿ ÷èòàòåëÿìè è íå ïðåñëåäóþò êîììåð÷åñêèõ öåëåé èëè íàðóøåíèå àâòîðñêèõ ïðàâ. Ñòóäàëë.Îðã (0.102 ñåê.)