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Strafrecht und Strafverfahrensrecht

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  1. Strafverfahrensrecht

Das materielle Strafrecht, dessen Grundregeln im StGB enthalten sind, legt die Merkmale der strafbaren Handlung fest und droht die Rechtsfolgen (die Strafen und Maßregeln) an, die an die Tatbegehung geknüpft sind. Wenn diese Normen ihre Funktionen, die elementaren Voraussetzungen friedlichen mitmenschlichen Zusammenlebens zu sichern, erfüllen sollen, dürfen sie im Falle der Tatbegehung nicht nur auf dem Papier stehen. Es bedarf vielmehr eines rechtlich geordneten Verfahrens, mit Hilfe dessen das Vorliegen einer strafbaren Handlung ermittelt und ggf. die im Gesetz vorgesehene Sanktion festgelegt und durchgesetzt werden kann. Dabei ist unter einem „rechtlich geordneten“ Verfahren dreierlei zu verstehen: Seine Vorschriften müssen darauf abgestellt sein, dem materiellen Strafrecht in einer dem wahren Sachverhalt entsprechenden Weise zur Durchsetzung zu verhelfen: sie müssen aber gleichzeitig die Grenzen festlegen, die dem Eingriffsrecht der Strafverfolgungsbehörden zum Schutze der Freiheit des einzelnen gezogen sind: und sie müssen endlich die Möglichkeit schaffen, durch eine abschließende Entscheidung den gestörten Rechtsfrieden wiederherzustellen. Das Strafverfahrensrecht auch Strafprozeßrecht oder formelles Strafrecht genannt ist der Inbegriff der diesem Ziel dienenden Normen. Sie sind überwiegend in der StPO zusammengefaßt.

 

a) Wo sind die Grundregeln des Strafrechtes und des Strafprozeßrechtes enthalten?

b) Worin liegt die Funktion des Strafrechtes?

c) Was versteht man unter einem „rechtlich geordneten“ Verfahren?

d) Wozu trägt es bei?

e) Wie kann man das Strafverfahrensrecht noch bezeichnen?

f) Wessen Tätigkeit regeln die strafprozessualen Rechtsnormen?

g) Kann man das Strafprozeßrecht zur Rahmengesetzgebung aufrechnen? Wie ist es in der BRD geregelt?

 

2. Wie meinen Sie? In welchem Verhältnis stehen das Strafrecht und das Strafprozeßrecht zu einander?

3. Lesen sie den folgenden Text und überprüfen sie Ihre Vermutung. Welche Informationen sind für Sie völlig neu?

 

Die Beziehung des Strafprozeßrechtes zum materiellen Strafrecht ist weit eng. Unter den leitenden Aspekten der Kriminalpolitik stehen die beiderseitigen Regelungen in einem notwendigen Ergänzungsverhältnis. Manchmal sind Institute des materiellen Strafrechtes und des Strafprozeßrechtes sogar funktional gleichwertig (z.B. die objektiven Bedingungen der Strafbarkeit im materiellen Recht und die Prozeßvoraussetzungen im Verfahrensrecht: die Ausscheidung von Bagatelltaten durch Tatbestandsauslegung („erhebliche Beeinträchtigung“ bei § 223 StGB, „empfindliche Drohung“ in § 240 StGB) oder durch eine Einstellung wegen Geringfügigkeit nach § 153 StPO. Eine Strafrechtsordnung kann in der Praxis immer nur so gut sein wie das Verfahren zu ihrer Durchsetzung es zuläßt, und umgekehrt ist eine befriedigende Verfahrensregelung nicht möglich, wenn sie nicht auf das materielle Recht (d.h. insb. auf die danach anzuordnenden Rechtsfolgen) zugeschnitten ist. Wenn z.B. die Sanktion vorwiegend nach spezialpräventiven Gesichtspunkten zu bestimmen ist, muss das Strafprozeßrecht dem durch eine auf die Erforschung der Täterpersönlichkeit zugeschnittene Verfahrensgestaltung Rechnung tragen. Deshalb gehören materielles Strafrecht und Strafprozeßrecht in Lehre und Forschung ebenso eng zusammen, wie es in der Rechtspraxis seit eh der Fall ist.

 

4. Lesen Sie den Text „Das Strafverfahrensrecht in seinem Verhältnis zum allgemeinen Prozeßrecht“ und verstehen Sie ihn. Benutzen Sie dabei die nach dem Text angegebene Skizze.

 

Das Strafverfahrensrecht in seinem Verhältnis zum allgemeinen Prozeßrecht

Das Strafprozeßrecht gehört zum großen Komplex des Verfahrensrechts (des „formellen Rechts“) und ist daher öffentliches Recht. Es ist vielfach versucht worden, aus den verschiedenen Prozeßrechten allgemeine Grundsätze zu entwickeln und daraus dann wieder Folgerungen für das Strafprozeßrecht abzuleiten, doch ist der Gewinn einer solchen Betrachtungsweise bisher gering geblieben.

Eine Parallelisierung mit dem Zivilrecht muss daran scheitern, dass der „Strafanspruch“ des Staates nicht mit dem Anspruch des Klägers im Zivilprozeß verglichen werden kann, sondern nur eine begriffliche Umschreibung der staatlichen Eingriffsbefugnis darstellt. Zwar lassen sich eine Reihe allgemeiner Prozeßrechtsbegriffe aufstellen, wie z.B. der „Prozeßgegenstand“ und die formelle oder materielle „Rechtskraft“; eine inhaltserfüllte Definition kann aber immer nur im Rahmen des jeweiligen Prozeßrechtes gegeben werden, während ein gemeinsamer Oberbegriff zu abstrakt bleibt und daher für die Rechtsfindung nichts mehr hergibt.

Auch eine Vergleich mit dem Verwaltungsprozeßrecht führt nicht viel weiter. Denn der Verwaltungsprozeß ist ein Rechtsschutzverfahren, das der Bürger gegen den eingreifenden Staat betreibt, während der Strafprozeß umgekehrt ein vom Staat betriebenes, mit besonderen Kautelen ausgestattetes Eingriffsverfahren darstellt. Anders als im Zivil- und Verwaltungsrecht, wo „Ansprüche“ i.d.R. freiwillig erfüllt werden und der Prozeß die Ausnahme ist, kann außerdem der staatliche „Strafanspruch“ nur im Strafverfahren verwirklicht werden; selbst wenn sich jemand freiwillig zur Bestrafung meldete, müsste zuvor ein Strafprozeß gegen ihn durchgeführt werden.

 


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