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Билет 39
Der dritte Weg der Bereicherung des deutschen Wortbestandes ist der B e d e u t u n g s w a n d e l, d. h. die Veränderung der Bedeutung schon existierender Wörter. Die im Leben des Volkes aufkommenden Gegenstände und Erscheinungen verlangen eine Bezeichnung, d. h. das Entstehen neuer Wörter oder neuer Bedeutungen der schon existierenden Wörter. Das Verschwinden von irgendwelchen Gegenständen und Erscheinungen aus dem gesellschaftlichen Gebrauch hat andererseits das Verschwinden der Wörter oder der Bedeutungen der schon existierenden Wörter zur Folge. Als Beispiel der semantischen Veränderungen des Wortes im Zusammenhang mit den Veränderungen in der Entwicklung der gesellschaftlichen Verhältnisse kann das Wort Gulden dienen, ursprünglich das Goldene (als Metall), dann goldene Münze, später auch eine silberne Münze (Silbergulden), und zuletzt eine Geldbanknote (Papiergulden) (vgl. russ. червонеö). Das Wort Fabrik aus dem frz. fabrique hat einen langen Entwicklungsgang durchgemacht: zuerst bedeutete es 'Konstruktion', dann — 'eine konstruierte Sache', und später als Ergebnis der weiteren Entwicklung der Produktivkräfte und Produktionsverhältnisse, die zur Vereinigung der Arbeiter im Produktionsprozess führten, begann das Wort auch den Ort zu bezeichnen, wo diese Gegenstände erzeugt wurden. Sehr interessant ist es auch, den Bedeutungswandel des Wortes Manufaktur zu verfolgen. Dieses aus dem Lateinischen entlehnte Wort bezeichnete ursprünglich die Tätigkeit mit den Händen (ma-nus 'Hand', facere 'machen', 'tun'), dann 'die Handarbeit', später 'die verfertigte Sache', ferner 'den Ort, wo diese Handarbeit ausgeführt wurde', und schliesslich 'eine bestimmte Produktionsweise'. In diesem Fall wird der Bedeutungswandel wieder durch Veränderungen im Produktionsprozess bedingt. Ausser den äusseren (aussersprachlichen) Ursachen des Bedeutungswandels wie Entwicklung des gesellschaftlichen Lebens, Veränderungen der Gegenstände usw. ist aber auch die grosse Rolle verschiedener sprachlicher Prozesse und Erscheinungen nicht zu übersehen. In dieser Hinsicht sind hier folgende innere (sprachliche) Ursachen des Bedeutungswandels zu erwähnen. a) Einfluss der Formveränderung auf den Bedeutungswandel des Wortes; so bringt die Veränderung der Form mancher fehletymologisierten Wörter auch ihre Umdeutung mit sich (Friedhof, hantieren u. a., siehe S. 26). Reduktion der unbetonten Laute führt auch zuweilen zur Umdeutung (Messer, Welt u. a., siehe S. 23). Einfluss der Formveränderung auf den Bedeutungswandel gilt auch für wortbildende Morpheme, z. B. das infolge der Reduktion entstandene Präfix er- (aus ahd. ir, ar, ur) erhält inchoative, perfektive und transitive Bedeutungen; das mit ihm genetisch verwandte Präfix ur- behält in betonter Stellung die unreduzierte Form und bekommt andere Bedeutungen 'ursprünglich', 'anfänglich'. b) Abhängigkeit des Bedeutungswandels von der Veränderung der grammatischen Funktion und manchmal zugleich auch der lautlichen Form des Wortes; bei als Präposition und be- als Präfix aus dem althochdeutschen Adverb bi; eben — Adverb und eben — Adjektiv; allein — Konjunktion, allein — Adverb und allein — Partikel; mittels als Präposition aus der Genitivform des Mittels u. a. Das Wort erlebt also oft Wandlungen der Bedeutung. Infolge dieser Veränderungen kann ein Wort mehrere Bedeutungen bekommen. Es lassen sich folgende Arten des Bedeutungswandels unterscheiden: Übertragungen der Namensbezeichnung, metaphorische und metonymische, die zum Bedeutungswandel des Wortes führen; Bedeutungserweiterung und -Verengung des Wortes; Wertsteigerung und Wertminderung der Bedeutung; Übertreibung und Abschwächung der Wortbedeutung (Hyperbel und Litotes); euphemistische Veränderungen der Bedeutung (Euphemismus). Es muss betont werden, dass der Bedeutungswandel nicht nur in einzelnen Wörtern, sondern auch in Wortverbindungen und sogar i n Sätzen stattfindet. Als Hauptart des Bedeutungswandels gilt die Bedeutungsverlagerung, d. h. die Übertragung der Namensbezeichnung (der Benennung des Gegenstandes) von einem Gegenstand auf einen anderen, von einer Erscheinung auf eine andere, wobei diese Übertragung die Umdeutung der alten Form mit sich bringt. Es gibt zwei Arten der Übertragung: 1) auf Grund der Ähnlichkeit — metaphorische Übertragung; 2) auf Grund des logischen Verhältnisses — metonymische Übertragung.
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