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Die sozialen Ursachen

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  1. Entlehnungen: Ursachen

Die verlangsamte Überwindung des Feudalismus, die gescheiterte

frühbürgerliche Revolution (die Reformation des 16. Jhrs.) waren die historischen

Ursachen für die späte und unvollkommene bürgerliche Entwicklung zur

Herausbildung der deutschen Nation. Deutschland blieb im Laufe der Jahrhunderte

ein Land der Kleinststaaten und geriet infolgedessen in verschiedenen historischen

Perioden unter den wirschaftlichen, politischen und kulturellen Einfluß anderer,

höher entwickelter Länder.

Diese sozial-historischen Ursachen geben Erklärung auch über Arten, Wege

und Formen der Entlehnung in verschiedenen Perioden der deutschen Geschichte.

Entscheidend für das Schicksal der übernommen Lexik ist immer ein

Zusammenwirken konkreter historischer Umstände.

In erster Linie sind im lexikalischen System der deutschen Sprache

Entlehnungen verwurzelt, die Sach- und Wortentlehnungen waren und Sachverhalte

einer höheren Entwicklungsstufe repräsentierten, auf der sich eines der

kontaktierenden Völker in wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht befand.

Das zeigte die erste Schicht der lateinischen Entlehnungen in den

westgermanischen Sprachen. Zur Zeit hatten die Römer gerade den Höhepunkt in der

Eroche der Sklaverei erreicht. Entlehnungen waren deswegen Wörter, die Begriffe

einer höher entwickelten materiellen Welt repräsentierten:

z. B. aus der Kriegstechnick: Straße (spätlat. (via) strata – „geplasterter Weg“

– romische Heerstraße);

aus der Technick des Steinbaus: Mauer (mūrus), Keller (cellarium),

Kammer (camera);

aus Ackerbau, Garten-, Obst-, Weinbau: Frucht (fructus), Kohl (caulis),

Kirsche (ceresia).

Im 7. und 8. Jh. wurden die deutschen Stämme weit christianisiert. (Die

Christianisierung der Germanen erfolgte seit dem 5. Jh.). Ein bedeutender Schub

lateinischer Entlehnungen erfolgte bis zum 11. Jh. auch infolge der in den Klöstern

gepflegten Bildung und des Unterrichts: Kirche (griech. Kyriakón), Engel (griech.

ángelos), Teufel (griech. diabolos), Altar (lat. altare), Tafel (lat. tabula), schreiben

(lat. schribere).

Die dritte starke Schicht lateinischer Entlehnungen ins Deutsche erfolgte im

Zeitalter des Humanismus (14. – 16. Jh.). Die Orientierung an den antiken Sprachen,

vor allem an dem klassischen Latein dieser Zeit macht sich auf vielen Gebieten

bemerkbar (im Fachwortschatz des Buchdrucks, der Musik, des staatlichen Lebens,

der Kirche), aber insbesondere im Wortschatz der Universitäten und der höheren

Schule:

Aula, Auditorium, studieren, Professor, Examen, Fakultät, Rektor.

Die lateinischen Entlehnungen aus der humanistischen Gelehrsamkeit bestehen

auch in modernen Fachwortschätzen, z. B. im Buchdruck, in der Mathematik.

Zahlreiche Termini werden aus dem Lateinischen, Griechischen oder durch eine

Kombination der beiden gebildet:

Kosmodrom, Kosmographie, Kosmovision, Television.

Soziale Faktoren waren in der geschichtlichen Entwicklung Deutschlands

bestimmend für starke Entlehnungen aus dem Französischen. Hier wären 3

Perioden zu nennen:

Die erste erfolgte im Mittelalter (vom 12. bis 14. Jh.) im Zusammenhang

mit dem Einfluß des französischen Rittertums. Kultur, Lebenshaltung, höfisches

Leben nur eines Standes – des Rittertums – repräsentierten Sach- und

Wortentlehnungen. Die Mehrzahl davon verschwand mit dem Untergang des

Rittertums. Geblieben sind Wörter, die mehr oder weniger allgemeine Begriffe

ausdrückten, und Bezeichnungen aus Sonderbereichen, die entweder als

Historismen im Wortbestand gebleiben sind, oder bis heute Benennungen

aktueller Gegenstände:

Tanz, Manier, fein, klar, prüfen, Platz, Preis, Abenteuer, Palast, Turm,

Pavillon, Turnier, Panzer, Kristall, Rubin, Smaragd, Samt u.a.m.

Die zweite starke Entlehnungsschicht aus dem Französischen bildete sich

gegen Ende des 16. und im 17. Jh. Die sozialen Ursachen sind im Einfluß des

französischen Absolutimus auf die herrschenden Klassen, den Adel und das

Patrizität, zu suchen. Diese Periode umfaßt einen reichen Wortschatz aus

verschiedenen Bereichen: Architektur und Möbel, Bau- und Gartenkunst, Essen

und Trinken:

Galerie, Loge, Fassade, Balkon, Nische, Möbel, Sofa, Büffet, Kostüm, Perücke,

Torte, Omlette, Sauce, marinieren, Ballet, Ball, Maskarade, Dame.

Die dritte Schicht war eine Folge der Französischen bürgerlichen

Revolution. Die Schlagwörter der Revolutionsbewegung wurden auch im Deutschen

in Form von Fremdwörtern oder Lehnübersetzungen rasch geläufig:

Revolution, liberal, Terrorismus, Jacobiner, Bürokratie, Demokrat,

Fortschritt, Organisation, Fraktion, öffentliche Meinung.

Entlehnungen aus dem Italienischen waren nicht so zahlreich wie aus dem

Französischen. Sie umfassen 2 historische Abschnitte:

1. vom 14. bis 16. Jh. – Entlehnungen, die mit den engen

Handelsbeziehungen Süddeutschlands mit Oberitalien verbunden waren:

Bank, Konto, Kredit, Risiko..

2. das 17. Und das 18. Jh. brachten fast ausschlieslich Fachwörter der Musik:

Oper, Konzert, Mandoline, Arie, Solo, Bariton, Duett, Operette, Sopran.

Entlehnungen aus dem Englischen traten gegen Ende des 18. und im 19.

Jh. auf. Aus dem Bereich der Technick wurden entlehnt:

Ventilator, Koks, Patent, patentieren;. Lehnübersetzungen: Pferdekraft,

Pferdestärke (hose power);

aus Finanz- und Handlungsbeziehungen: Scheck, Banknote, Budget, Export;

aus der Politik: Koalition, Kolonisation, Kongress, Opposition, Meeting;

aus Haushalt und anderen Lebensbereichen: Beefsteak, Brandy, Pony,

Bulldogge, boxen, Boxer, Farmer, Klub u. a.

Englische Entlehnungen reißen bis ins 20. Jh. nicht mehr ab.

Seit dem Beginn des 20. Jhs., besonders nach dem zweiten Weltkrieg, sind

Entlehnungen aus dem amerikanischen Englisch (Amerikanismen, bzw. Angloamerikanismen)

zu verzeichen: Job, Hobby, Make-up, Teenager, Hitparade u.a.

Entlehnungen aus slavischen Sprachen umfassen 3 Perioden. Die erste

bezieht sich auf die ältere Zeit vom 11. bis 14. Jh. Entlehnungen aus dieser Periode

sind Bezeichnungen von Handelsobjekten, Lebensmitteln:

Zobel, Stieglitz, Zeisig, Quark, Gurke.

Die zweite Periode umfasst die Zeit vom 17. bis 19. Jh. Diese Entlehnungen

beruhen teils auf dem Einfluß der russischen Literatur, teils auf der Übernahme

bestimmter Gegenstände:

Grippe (Heiserkeit – хрип), Steppe, Tornister, Droschke, Kalesche.

Die Entlehnungen der dritten Periode sind eng mit der Oktoberrevolution und mit

dem Aufbau des Sozialismus in der DDR 1945 verbunden:

Volkswirtschaftsplan, Wandzeitung, Kulturhaus, patenbetrieb, Brigade u.a.

2 Zu lingustischen Ursachen der Entlehnung gehören:

a) der jeweilige Entwicklungsstand des semantischen Systems einer

entlehnenden Sprache. Durch zahlreiche romanische Entlehnungen wurden

thematische Reihen, thematische Gruppen bzw. lexisch-semantische Gruppen der

deutschen Sprache aufgefüllt. So wurde die thematische Gruppe der

Farbbezeichnungen durch Entlehnungen aus dem Fronzösischen erweitert:

lila, beige, orange, violett, azurn.

b) die Auffüllung thematischer Reihen und lexisch-semantischer Gruppen

durch Entlehnungen expressiver Synonyme aus anderen Sprachen:

kapieren (lat.) zu „begreifen“, „verstehen“,

krepieren (ital.) zu „sterben“, „verrecken“;

Visage (franz.) zu „Gesicht“.

c) der Bedarf an euphemistischer Lexik. Das lexikalisch-semantische

System des Deutschen verfügt über eine bedeutende Anzahl von etischen und

sittlichen Euphemismen fremden Ursprungs:

korpulent (lat) für „dick“;

renomieren (franz) für „prahlen“.

d) die Entlehnungen von Fremdwörtern zur terminologischen Verwendung.

Entlehnungen dieser Art monosemieren das entlehnte Wort, d.h es wird nur eine

lexisch- semantische Variante des Lexems entlehnt.

e) Entlehnungen können gleich Stammwörtern zur Neutralisierung einer

übermäßigen Polysemie beitragen oder zum Schwund entbehrlicher Homonyme.

So hat das entlehnte Wort Insel (lat insula) die ensprechende Bedeutung aus

polysemen Wörtern Au, Wert, Werder vedrängt.“

3 Unter Purismus versteht man eine Bewegung zur Sprachreinigung oder

Fremdwortbekämfung. Die Ursachen der puristischen Tätigkeit sind, wie bei jeder

sozialen Erscheinung, konkret historisch zu verstehen.

Der Purismus des 17. und 18. Jhs. war Ausdruk des Kampfes um die

Stärkung der deutschen Nationalsprache. Im Laufe des 17. Jhs. wurden zahlreiche

Sprachgesellschaften gebildet. Die erste und die bedeutendste von ihnen war die 1617

in Weimar gegründete Fruchtbringende Gesellschaft (später Palmenorden genannt).

Zu dieser Gesellchaft gehörten Fürsten und Adelige und später auch Bürgerliche:

Martin Opitz, August Buchner, Georg Philipp von Harsdörffer, Philipp von Zesen.

Das Programm der Furchbringenden Gesellschaft zielte im Grunde auf die

Feststellung einer schriftsprachlichen Norm. Dann entstanden die Aufrichtige

Gesellschaft von den Tannen in Straßburg (1633), die Teutschgesinnte Gesellschaft

in Hamburg unter Leitung Philipp von Zesens (1643), der Hirten – und Blumenorden

unter Georg Philipp Harsdörffer und Johann Klaj (1644).

Unter den Puristen des 17. Jhs. kennzeichnet sich insbesondere die

sprachreinigende Tätigkeit Harsdörffers, Zesens, Schottels. So stammen von

Harsdörffer: Aufzug statt Akt (in Drama), beobachten statt observieren, Bleistift statt

Crayon, Fernglas statt Teleskop.

Von Schottel stammen: Mundart, Sprachlehre, Wörterbuch, Wortforschung,

Geschlechtswort, Lustspiel statt Komödie, Trauerspiel statt Tragödie.

Von Zesen stammen: Augenblick statt Moment, Bücherei statt Bibliothek,

Grundstein statt Fundament.

Dieser übertriebene, übereifrige Purismus erhielt dann auch die Bezeichnung

des Ultrapurismus.

Der Purismus des 18. Jhs ist mit der sprachpflegerischen Tätigkeit Joachim

Heinrich Campes verbunden. Er stellt sich die Aufgabe, ein möglichst volständiges

Wörterbuch der deutschen Sprache herauszugeben. 1801 erschien Campes

„Wörterbuch zur Eklärung und Verdeutschung der unserer Sprache

aufgedrungenen fremden Ausdrücke“. Fremdwörter wurden in Campes Wörterbuch

nich bloß verdeutscht, sondern mit Erklärungen und Erläuterungen versehen. Diese

Art von Verdeutschung verwandelte das Werk Campes in einen regelrechten

Schauplatz des Kampfes für bürgerliche Interessen gegen den Feudalismus und die

katholische Kirche als ideologische Stütze des Feudalismus. Von den zahlreichen

Verdeutschungen Campes sind verwurzelt: Ausflug statt Exursion, befähigen statt

gualifizieren, buchen statt registrieren.

Von dem Purismus des 17. und 18. Jhs unterscheidet sich der reaktionäre

Purismis (Ende 19 Ihs-Anfang 20 Ihs).

Zur Zeit war Deutschland zum einheitlichen kapitalistischen Nationalstaat

geworden, was ein stürmisches Anwachsen von Nationalismus und Chauvinismis

verursachte und als Resultat auch – die Entwicklung des national-chauvinistischen

Purismus: Eine beronders große Rolle spielte der „Allgemeine Deutsche

Sprachverein“ (1885), der sich in der Fremdwortbekämpfung besonders ereiferte. Bei

der Verdeutschung ging man von nationalistischen Grundsatz aus: „Jedes Fremdwort

ist entbehrlich“. Der führende Purist Edward Engel sagte: „Kein Fremdwort für das,

was ebensogut deutsch gesagt werden kann, deutsch aber kann, deutsch soll alles

gesagt werden“. Der reaktionäre Purismus des 19. u.20. Jhs hat auf den deutschen

Wortbestand in bedeutendem Maße eingewirkt: Briefumschlag statt Kuvert,

Fahrkarte statt Billett, Schriftleiter statt Redakteur.

Aber sehr viele Internationalismen und andere Fremdwörter wurden von

Ersatzwörtern nicht verdrängt. Die lingwistischen Unsachen:

1. Fremdwörter bzw. Internationalismen sind wortbildend produktiv:

das Telefon – telefonisch – telefonieren – Telefonist (in), Telefonzelle

Telefonzentrale.

2. Die semantischen Strukturen der Internationalismen und ihrer

Verdeutschungen sind nicht immer adäguat:

Tragödie (Int): Trauerspiel (Verd.):

a) ein tragisches Geschehen,

schilderndes Schauspiel, ein

Schauspiel vom tragischen

Untergang eines Menschen

a) ein tragisches Geschehen,

schilderndes Schauspiel, ein

Schauspiel vom tragischen

Untergang eines Menschen

b) (übertr) ein herzzerreißendes

Unglück.

b) ein herzzerreißendes Unglück

___

Komödie (Int.): Lustspiel (Verd.):

a) heiteres, hummorvolles

Theaterstück;

a) heiteres, hummorvolles

Theaterstück;

b) (auch) Theater, in dem nur

Komödien gespielt werden.

b) ___

c) (übertr). umg. abwertend:

Verstellung, Täuschung.

c) ___

3. Fremdwörter werden in euphemistischer Funktion verwendet, weswegen sie

auch regelmäßig neben korrespondierenden deutschen Wörtern gebraucht

werden. Die Eigenschaft der Fremdwörter wird stilistisch in Publizistuk,

Presse ausgewertet.

4. Es gibt noch eine stilistische und semantische Auseinanderentwicklung der

Entlehnungen von ihren korrespondierenden deutschen Äquivalenten, was

sie zum festen Bestand des lexikalisch-semantischen Systems macht, woran

nachstehend ausführlich die Rede ist.


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