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Lehre von den festen Wortkomplexen bzw. Wortverbindungen einer Sprache, die in
System und Satz Funktion und Bedeutung einzelner Wörter (Lexeme) erfüllen. Im Rahmen der sich intensiv entwickelten Theorie der sprachlichen Nomination in der Linguistik sind folgende Aspekte der modernen Phraseologie-Forschung zu nennen: 1) der Benennungsaspekt, d.h die Untersuchung der Frage, welche Fragmente der außenprachlichen Wirklichkeit durch feste Wortekomplexe bekannt werden, die Mechanismen ihrer Erzeugnung, Probleme der Modelierung; 2) semantische Eigenständigkeit im Vergleich zu einfachen sprachlichen Zeichen; 3) Kommunikative und pragmatische Potenzen und Leistungen der phraseologischen Wendungen im Text; 4) Prozesse der Idiomatisierung und Metaphorisierung in den Phraseologismen. In der Phraseologie gebraucht man neben dem Terminus „fester Wortkomplex“ auch synunymische: „phraseologische Wendung“, Phraseologismus, die aber in meisten Klassifikationen eine engere Gruppe der festen Wortverbindungen bezeichnen und den Gegenstand der Phraseologie im engeren Sinne bilden. 8.2 Feste Wortkomplexe sind sekundäre sprachliche Zeichen, die auf der Basis der primären gebildet werden. Der Struktur nach sind sie Wortgruppen oder Sätze, die nach den produktiven Modellen der Syntax gebildet sind. Z.B. die Wortverbindung jmdm. den Kopf waschen bezieht sich als freie Wortverbindung auf eine konkrete Situation, in der jemand einem anderen den Kopf wäscht. Einzelne Lexeme treten als primäre sprachliche Zeichen auf. . Jmdm. den Kopf waschen als ein fester Wortkomplex bedeutet „jmdn scharf zurecht weisen“. Alle Lexeme treten in dieser Wortverbindung als sekundäre sprachliche Zeichen auf. In den sauren Apfel beißen: als freie Wortverbindung hat diese Wendung eine konkrete Bedeutung (откусить кислое яблоко). In den sauren Apfel beißen müssen als fester Wortkomplex hat die Bedeutung, „gezwungen sein, etw. Uangenehmes zu tun (подчиниться неприятной необходимости)“. In dieser Hinsicht spricht man von der freien und phraseologischen Bedeutung der Wortverbindung., die den Begriffen direkte (wörtliche) und übertragene Bedeutung eines Lexems entsprechen. Dabei können einige Wortkomplexe nur eine, die anderen aber die beiden Bedeutungen im Text realisieren. Harald Burger spricht in diesem Zusammenhang von den Lesearten des Phraseologismus (H. Burger Phraseologie: eine Einführung am Beispiel des Deutschen – Berlin, 1998, S.). Nur eine Leseart haben zum Beispiel folgende Wendungen: a) Dank sagen, das Rote Kreuz: da die Komponenten ihre wörtliche Bedeutung behalten und keiner semantischen Transformation unterliegen, hat die ganze Wendung in beiden Beispielen nur freie Bedeutung; b) gang und gäbe: die lexikalischen Komponenten haben keine freie Bedeutung außer und, d.h. sie werden einzeln, außer dieser Wendung nicht gebraucht, damit besitzt die ganze Wendung nur phraseologische Bedeutung; c) sich mausig machen (sich frech und vorlaut äußern, benehmen): die ursprünglich einmal dagewesene wörtliche Bedeutung (mausig hieß „keck“, „frech“) ist verlorengegangen, dadurch kann heute diese Wendung nur eine und zwar phraseologische Bedeutung im Text realisieren. Zwei Lesearten haben folgende Wortkomplexe: a) jmdm einen Korb geben: die Wortverbindung kann wie freie, als auch phraseologische Bedeutung realisieren, die aber in keinem Zusammenhang zu einander stehen, d.h. homonym sind und verschiedene Kontexte für ihre Realisierung brauchen; b) Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm: zwischen freier und phraseologischer Bedeutungen besteht metaphorischer Zusammenhang. Freie Bedeutung dieses Sprichwortes kann einzeln, in bezug auf konrete Situation, realisiert werden, als auch bei der Aktualisierung phraseologischer Bedeutung mitrealisiert werden; c) die Achseln zucken: beide Bedeutungen können simultan realisiert werden. Unter festen Wortkomplexen versteht man reproduzierbare Syntagmen, Wortverbindungen, prädikative Verbindungen und Sätze, die über eine besondere Semantik verfügen. Ihre Erscheinung und ihre Existenz in natürlichen Sprachen ist eine Folgeerscheinung des Widerspruches zwischen der Unendlichkeit der menschlichen Erkenntnis, der gesellschaftlichen Praxis und der beschränkten Zahl der Wurzelmorpheme. Damit sind Phraseologismen ein Mittel zur Erweiterung des Wortschatzes, zur Benennung der Erscheinungen und Objekte der Wirklichkeit. Im Unterschied zu den freien Wortverbindungen weisen feste Wortkomplexe folgende Merkmale auf: 1) Polylexikalität – feste Wortkomplexe bestehen aus mehr als einem Wort. 2) Festigkeit – wir kennen den festen Wortkomplex in genau dieser Kombination von Wörtern. (Nach Harald Burger bilden die festen Wortkomplexe, die diese zwei Eigenschaften aufweisen, den Bereich der Phraseologie im weiteren Sinne.) Unter Festigkeit versteht man a) lexikalisch-semantische Stabilität, d.h. kein Lexem darf durch ein anderes ersetzt werden: bei jmdm. einen Stein im Brett haben (быть на хорошем счету) * bei jmdm. einen Kiesel im Schrank haben (Man darf im Phraseologismus kein Wort durch ein Synonym ersetzen.) b) Stabilität der grammatischen Struktur: auf des Messers Schneide stehen (in Gefahr sein) * auf der Schneide des Messers stehen (Man darf in grammatischer Sicht nichts ändern.) 3) Semantische Einheit der Phraseologismen – Die Phraseologismen (darunter wird die engere Gruppe der festen Wortkomplexen gemeint) haben einen hohen Grad der Idiomatisierung (darunter versteht man die semantische Transformation oder Umdeutung der Komponenten desPhraseologismus). Die Bedeutung des Phraseologismus ist etwas ganz anderes als die Bedeutung seiner Bestandteile und zwar das Resultat der semantischen Transformation aller oder einiger seinen Komponenten: etwas schwarz sehen („pissimistisch sein“) Die Bedeutung des Phraseologismus läßt sich nicht in die Bedeutungen von schwarz und sehen zerlegen, sondern bildet eine Einheit. Andere Beispiele: an jmdm. einen Narren gefressen haben („jmdn. sehr gern haben, sich in jmdn vernarrt haben“), jmdm einen Korb geben, („jmds. Heiratsantrag ablehnen; jmdn abweisen“). Nach der Grad der Idiomatisierung unterscheidet man - idiomatische (voll-idiomatische, das andere Begriff – das Idiom) – umgedeutet (semantisch transformiert) sind alle Komponenten des Phraseologismus: ins Gras beißen (sterben), das ist (alles) kalter Kaffee (das ist längst bekannt, uninteressant); - teil-idiomatische (Teil-Idiome) – einige Komponenten behalten ihre eigene wörtliche Bedeutung bei: blinder Passagier (Passagier, der ohne Berechtigung, heimlich mitreist), sich in Fäustchen lachen (heimliche Schadenfreude empfinden, heimlich lachen); - nicht-idiomatische Ausdrücke – sie sind durch keine semantische Transformation ihrer Komponenten charakterisiert: das Rote Kreuz, der Nahe Osten 4) Auf Grund dieser Merkmale spricht man von der Reproduzierbarkeit der festen Wortkomplexen im Unterschied zu der Produzierbarkeit der freien Wortverbindungen und Sätzen. 5) Unmotiviertheit der Phraseologismen – das Benennungsmotiv läßt sich meistens nur auf der Basis historischer Kentnisse erschließen: den Rubekon überschreiten (entscheidende Maßnamen treffen). Dieser Phraseologismus geht auf die Zäsar-Zeiten zurück: Zäsar überschritt den Fluß Rubikon und begann den Krieg gegen den Senat und die Republik. Diesbezüglich kann die Wendung ins Gras beißen erwähnt werden, die daher führt, dass Verwundete im Todeskampf in das Gras oder Erdreich beißen, um sich die Schmerzen zu verbeißen. Die meisten Idiome sind unmotiviert. Unmotiviertheit und Idiomatizität stehen dabei im direkten Zusammenhang: je schwerer ist das Benennungsmotiv des Phraseologismus zu erschließen, desto höher ist der Grad der Ideomatisierung. In diesem Sinne ist „Motiviertheit“ der Gegenbegriff zur semantischen „Idiomatizität“: je stärker ein Phraseologismus motiviert ist, desto schwächer ist seine Idiomatizität. Mit Motiviertheit meint man damit, dass die Bedeutung eines Phraseologismus aus der freien Bedeutung der Wortverbindung oder aus den Bedeutungen der Komponenten verstehbar ist: das fünfte Rad am Wagen, Öl ins Feuer gießen, ein unbeschriebenes Blatt. Поиск по сайту: |
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