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Wechselbeziehungen zwischen Sonderlexik und Allgemeinwortschatz
standen immer und stehen heute im Mittelpunkt des wissenschaftlichen Interesses. Schon F. Kluge (einer der ersten, der sich mit den Sounderwortschätzen des Deutschen befasste) sprach seinerzeit von Sondersprachen als einer Quelle der Bereicherung der Gemeinsprache (F. Kluge. Unser Deutsch. Einführung in die Muttersprache. 6. Aufl. Heidelberg, 1958). Die Bereicherung der Gemeinsprache (des Allgemeinwortschatzes) durch die Sonderwortschätze ist aber kein einseitiger Prozess. Die moderne Wortforschung untersucht deshalb die beiderseitigen Einwirkungen bzw. Wechselbeziehungen zwischen Sonnder- und Allgemeinwortschatz. A. Eine der viel disskutierten Fragen ist die Einflüsse der Fachlexik auf den Gemeinwortschatz. Die Fachwörter verschiedener Bereiche beeinfussen immer stärker den Wortschatz der Gemeinsprache. Darum spricht man heute von einer zunehmender Intellektualisierung der Gemeinsprache (als Folge einer von Wissenschaft und Technik beeinfussten gesellschaftlichen Entwicklung). Ehmalige wissenschaftliche Termini, die heute immer stärker von der Gemeinsprache adoptiert werden, sind: Analyse, Basis, Charakter, Element, Faktor, Kettenreaktion, Kollektiv, Perspektive, Struktur u.v.a.m. Die Bedeutungen dieser Lexeme sind Resultat der Entterminologisierung der ehmaligen Fachwörter. Als Beispiele können auch ehmalige wissenschaftliche Termini gelten wie: Begriff, Inhalt, Sein (das), Bewusstsein (auch als Grundlage vieler Komposita: Abbeits-, National-, Pflicht-, Rechts-, Selbst-, Staats-, Verantwortungsbewusstsein u.v.a.m) In der Alltagspraxik werden heutzutage viel mehr technische Konsumgüter verwendet. Das technische Vokabular dringt damit in die Gemeinsprache ein. Das sind Fachwörter der Elektronik, der Wortschatz der Kraftfahrzeugtechnik usw: Schrauberzieher, schalten (metaphorisch verwendet als,reagieren’), Diagnose (´Feststellung´) Aufschlussreich sind auch Übernahmen aus dem medizinischen Bereich: Blinddarmentzündung, Zuckerkrankheit, Grippe, Gelbsucht, Reuma usw. Dabei ist bemerkenswert, dass das deutsche Wort seinem lateinischen Äquivalente vorgezogen wird. Dabei ist auch der gegenseitige Prozess festzustellen: der Bedarf an neuen Fachwörtern wird (von Entlehnungen aus Fremdsprachen abgesehen) unter Aufnahme aus dem nichtfachbezogenen Bereich der Lexik (Allgemeinwortschatz) gedeckt. Meistens sind das die Prozesse der Spezialisierung der Wortbedeutung gemeinsprachlicher Lexeme. So hat z.B. das alte Wort Strom (großes, fließendes Gewässer) eine neue, spezialisierte Bedeutung durch die Elektrotechnik erhalten: Stromnetz, Wechselstrom usw., auch Fluß Verkehrsfluß, Arbeitsfluß (kontinuierlicher, störungsfreier Ablauf). B. Die Lexik der Gemein-und Umgangsprache wird ständig durch Gruppenwortschätze bereichert. Die synonymischen und thematischen Reihen des Allgemeinwortschatzes werden mit stilistischen und ideographischen Synonymen, Lexemen und Phraseologismen der gruppenspezifischen Wortschätze aufgefüllt. Bezeichnend dabei für alle Lexeme ist ihre zusätzliche semantische Umformung. Entweder sind die Bedeutungen erweitert oder es tritt eine metaphorische Bedeutungsübertragung ein, wodurch Phraseologismen entstehen. Das gilt z.B. für Jagerlexik, Bergmannsprache und andere Berufssprachen. Bei folgenden Lexemen und Phraseologismen ist die metaphorische oder metonymische Bedeutungsübertragung oder Bedeutungserweiterung deutlich zu sehen: Kesseltreiben, hetzen, spüren, aufstöbern, das Hasenpanier ergreifen, durch die Lappen gehen. So bedeutet auch einer Sache nachhängen eigentlich: tun wie der Jagdhund, der eifrig eine Fährte verfolgt, während ihm der Jäger das Leitseil locker hängen lässt. Als naseweis konnte einst nur ein Hund mit guter Spürkraft bezeichnet werden. Ähnliche semantische Transformationen sind auch in der Lexik der Bergmannsprache festzustellen: das Verb fördern (vorwärtsbringen, unterstützen) hat im Vergleich zur konkreten Bedeutung,Kohlen zutage fördern`eine Bedeutungserweiterung erfahren; das Substantiv Fundgrube bedeutete in der Bergmanssprache,ein ergiebiges Bergwerk’ und in der Gemeinsprache wird metaphorisiert und bezeichnet im allgemeinen, eine reiche Quelle’. C. Die Wechselbeziehungen zwischen Jugendlexik und Umgangssprache ist ein durchaus interessantes Thema der modernen lexikalischen Forschung. Der Beitrag der Jugendlexik zur Erweiterung der expressiven, stilistisch markierten Lexik ist in den letzten Jahrzehnten sehr bedeutend. Gerade die Jugendlexik ist eine der wichtigsten Quellen der gängigen Ausdrücke bzw. Modewörter in der saloppen Alltagsrede. Dies geschieht nämlich vor allem dann, wenn der Wortschatz der Jugendlichen von anderen Altersgruppen übernommen wird. Das erlebte das Wort Klasse (,hervorragend, ausgezeichnet`), super (dieselbe Bedeutung). Eine ähnliche Entwicklung erleben heute die entlehnten Wörter cool, geil, affengeil, als auch die Wendungen: Ich denk, mich tritt ein Pferd! An der Stelle dieser Lexeme und Wendungen erscheinen in der Jugendsprache neue, durch die Jugendlichen ihre Absonderheit demostrieren. Zu Besonderheit dieser Sonderlexik gehört die Tatsache, dass sie ohne sekundäre semantische Transformation in der Umgangssprache fungiert. Bei der Betrachtung der Erscheinugsformen der deutschen Sprache, der Stratifikation des deutschen Wortbestandes und der Wechselbeziehungen zwischen verschiedenen Schichten kann man folgende grundsätzliche Schlüsse ziehen: 1) Aus synchroner Sicht ist der Worbestand ein vielschichtiges Gebilde, das die Kommunikation einer Sprechgemeinschaft gewährleistet. Die zentrale Schicht bildet der Allgemeinwortschatz, der den Begriffsschatz der Sprache repräsentiert, was seine Multivalenz bedingt, d.h. seine Gültigkeit in allen Gebrauchssphären. Diese Schicht ist auch durch den normativen Charakter und einen Reichtum an funktional-stilistischen Varianten gekennzeichnet. Um diesen Kern liegen weitere oder periphere Schichten: - fachgebundene Lexik (Termini, Halbtermini, Fachjargonismen), - Gruppenwortschätze sozialer Gruppen und der Altersgruppen (Studentensprache, Argot, Jugendsprache usw.) - die territorialgebundene Lexik (dialektale und landschaftliche) 2) Aus diachronischer Sicht ist der Wortbestand Produkt zahlreicher sozialbedingter und sprachlicher Übergänge aus zentraler Schicht in periphere und umgekehrt. Die Wechselbeziehungen zwischen Allgemeinwortschatz und fachbezogener Lexik einerseits und Allgemeinwortschatz und Gruppenwortschätzen andererseits werden von verschiedenen semantischen Prozessen begleitet: - Absonderung bzw. Spezialisierung, - Erweiterung, - zusätzliche semantische und funktional-stilistische Transformationen. 10 Lehrmaterial zum zusätzlichen Studium Поиск по сайту: |
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